Düsseldorf Trainingszentrum für ein geregeltes Leben

Düsseldorf · Die Diakonie-Einrichtung "Icklack" wird 40 Jahre alt. Dort finden Frauen ohne Wohnsitz eine Bleibe und lernen, eigenständig zu leben.

 Die ehemaligen Icklack-Bewohnerinnen Gabriele Kremer (r.) und Andrea Korn in der gemeinschaftlichen Küche

Die ehemaligen Icklack-Bewohnerinnen Gabriele Kremer (r.) und Andrea Korn in der gemeinschaftlichen Küche

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Gabriele Kremer hat ihr Leben wieder im Griff. Zu verdanken hat die 65-Jährige dies der Diakonie-Einrichtung "Icklack - Wohnen für Frauen", die nun ihr 40-jähriges Bestehen feiert. "Hier habe ich eine zweite Chance und sehr viel Unterstützung erhalten", sagt Kremer.

Eineinhalb Jahre hat sie in dem Haus in Flingern mit anderen Frauen wie in einer Art Wohngemeinschaft gelebt und in dieser Zeit gelernt, ihrem Tag eine Struktur zu verleihen und Probleme anzugehen. Und vor allen Dingen hatte sie ein Dach über dem Kopf, denn die Frauen, die in der Icklack leben, waren zuvor obdachlos. "Das sind dann aber nicht die Obdachlosen, wie wir sie von der Straße kennen. Unseren Frauen sieht man häufig die Not gar nicht an. Sie schämen sich und schlafen dann in Autos, bei Bekannten oder in Garagen", sagt Helma Hesse-Lorenz, die seit 27 Jahren die Hilfsstelle leitet.

Gabriele Kremer kennt das. "Wenn man nichts mehr hat, will man sich wenigstens den Stolz nicht nehmen lassen." Sie stammt ursprünglich aus einem wohlhabenden Umfeld, kam aber nicht mit dem Tod ihres Mannes zurecht. Es folgten unzählige sinnlose Käufe, die zur totalen Verschuldung und zum Verlust der Wohnung führten. Über die Notaufnahme für Frauen kam sie nach zwei Tagen in die Icklack. Ein Glücksfall, denn für die 31 Plätze gibt es eigentlich immer eine Warteliste. Andrea Korn beispielsweise hat zwei Wochen auf einen Platz gewartet. Die 40-Jährige war nach 35 Jahren in den USA mittellos mit nur einem Koffer nach Deutschland zurückgekehrt. "Ich war ganz alleine und sehr froh, so viel Hilfe zu erhalten."

Wer in der Icklack wohnen will, muss die Bereitschaft zeigen, an seinem Leben etwas zu ändern. Besuche bei der Schuldnerberatung, dem Arbeitsamt oder einer Therapie gehören beispielsweise dazu. Wer will, kann sein Geld zunächst verwalten lassen, bis er gelernt hat, damit vernünftig zu hauswirtschaften. Zudem müssen die Frauen die Hausordnung, die etwa Suchtmittel verbietet, einhalten und am Arbeitstraining teilnehmen. So gibt es unter anderem Dienste am Telefon, in der Waschküche, beim Putzen und in der Cafeteria. "Jede Hilfe wird individuell zugeschnitten. Dafür stehen unter anderem fünf Sozialarbeiterinnen bereit. Wir wollen ein Sprungbrett sein, um wieder Fuß fassen zu können", sagt Hesse-Lorenz. Bei Gabriele Kremer und Andrea Korn hat das funktioniert. Beide haben sich inzwischen selber eine eigene Wohnung angemietet. "Zu wissen, wenn ich Hilfe brauche, kann ich die jederzeit in der Icklack erhalten, ist ein sehr beruhigendes Gefühl", sagt Kremer.

In den letzten Jahren ist der Bedarf nach Wohnplätzen für Frauen gestiegen, da diese immer länger bleiben. Das mag auch daran liegen, dass immer mehr Bewohnerinnen unter Krankheiten leiden. "Mein Wunsch an die Zukunft wäre es, dass wir mehr Wohnungen bekommen, damit keine Wartelisten entstehen und die finanziellen Mittel so erhalten bleiben, dass wir unser gutes Niveau halten können", sagt Hesse-Lorenz. Da die Gelder knapp bemessen sind, ist die Icklack auch auf Spenden angewiesen. "Nur so können wir auch einmal Wünsche außer der Reihe, wie eine Freizeit für die Frauen oder den Kauf einer Spezialmatratze erfüllen."

(RP)
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