Tour de Menu Tristan: Überraschung mit Hühnerbrühe

Die Dämmerung bricht langsam über Gerresheim herein. Die Straßen haben sich schon geleert und auch im "Tristan" wird nicht gerade um einen Tisch gekämpft. Doch schon, wenn die Türe geöffnet wird, hat man das wohlige Gefühl, dass es ein schöner Abend wird.

Tour de Menu im Tristan
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Der junge Kellner heißt die Gäste willkommen, er hilft aus dem Mantel und geleitet zum Tisch. Der Dame rückt er den Stuhl zurecht - stilsicher, doch nicht zwanghaft vornehm.

Der Blick auf die Karte verrät: Das Angebot im Rahmen der "Tour de Menu" ist kreativ, aber nicht abgehoben, und setzt sich damit von vielen Mitstreitern ab. Im "Tristan" sind die dieses Jahr fast allgegenwärtigen Jakobsmuscheln nicht Teil des Menus. Dafür findet man dort Oma Illa's Hühnerbrühe. Für den erwartungsvollen Gourmet eine Überraschung - zumindest zunächst.

Zeit ist ein wichtiger Faktor beim Essen. Ohne die nötige Zeit verkommt die tollste Kreation zum schnöden Fast Food. Im "Tristan" weiß man das. Ob man Zeit mitgebracht oder es eilig habe, ist eine der ersten Fragen. Soll heißen: Es geht auch schnell, wenn gewünscht, aber auch nur dann.

Diejenigen, die den Stress des Tages hinter sich lassen wollen und sich für die geruhsame Variante entscheiden, genießen zunächst das Drumherum. Das Ambiente ist schick, die Atmosphäre freundlich, die Temperatur genau richtig. Man fühlt sich wohl und ist bereit für den ersten Gang.

Hummer und Melone in Lindenhonigdressing - das stand schon auf Karte, doch der Kellner sagt es nochmal, nachdem er die Vorspeise serviert hat. Er wartet einen kleinen Moment - wartet, ob man sich auf dem mit viel Liebe angeordneten Teller zurechtfindet. Dann zieht er sich zurück.

Die Melone präsentiert sich in Form murmelgroßer Kugeln um das Hummerfleisch herum. Zwei Plättchen aus Honig entfalten einen Anis-Geschmack im Mund. Dazu gibt es einen 2008er "Dr. Heger Grauburgunder Q Sonett". Der Anfang ist schon einmal gelungen.

Überraschung im Glas

Dann eine Überraschung: Statt der erwarteten Tasse Oma Illa's Hühnerbrühe wird ein kleines Glas serviert. Darin befindet sich eine Flüssigkeit mit schaumiger Konsistenz. Ein Latte Macchiato für zwischendurch? Vanillecreme? Ist denn schon Nachtisch? Nein, denn das was so cremig daherkommt, ist wirklich die geplante Hühnerbrühe. Die großen Augen ist der Kellner mittlerweile gewohnt. Der skeptische Blick folgt. Das kann doch nicht wirklich nach Huhn schmecken.

Man stelle sich das Gegenteil einmal vor, man beißt in ein Huhn und es schmeckt nach Vanille - kein erstrebenswerter Genuß. Doch dieses Mal wurde man ja vorgewarnt. Also ran an den kleinen Löffel. Und siehe da: Es schmeckt nach Huhn - cremigem Huhn zwar, aber das stört kurioserweise nicht. Die Überraschung ist gelungen.

Vor dem Hauptgang bleibt etwas Zeit, die Eindrücke auf sich wirken zu lassen. Football-Anhänger werden sich an das Two-Minute-Warning erinnert sehen, wenn der Kellner dann kommt und fragt, ob es recht sei, wenn in acht Minuten serviert würde.

Präzise acht Minuten später ist es dann soweit: Rinderfilet unter einer getrüffelten Champignon-Haube mit Sauce Madere und Karottenjulienne. Was so komplex klingt, sieht auf dem Teller erfrischend einfach aus. Diesmal bleibt der Kellner nicht so lange stehen - Hilfestellung nicht nötig. Das Fleisch ist auf den Punkt richtig gebraten, die pilzige Haube findet sogar bei Gästen Anklang, die normalerweise mit Pilzen nicht viel anfangen können.

Die Sauce Madere ist mild und verheimlicht fast ihre Weinherkunft. Das ist auch gut so, schließlich wird dazu noch ein 2005er "Dr. Heger Mimus Spätburgunder" serviert. Doch es kommt zu keinem Zwiespalt im Geschmack. Der Rotwein ist sehr fruchtig und leicht.

Nachtisch aus Roberto's Reich

Seit dem Betreten des Lokals sind inzwischen über zwei Stunden vergangen. Die Entspannung hat endgültig eingesetzt. Der Kellner empfiehlt, sich vor dem Nachtisch noch etwas Zeit zu lassen, um sich auf die Berge an Süßigkeiten zu freuen.

Berge sind es zwar nicht, doch das ist zum Ende eines Vier-Gänge-Menus auch nicht erwünscht. Es gibt Pfirsich Melba aus Robertos Ideenlabor. Denn Nachtisch ist Robertos Reich. Nur mit einer kleinen Änderung greift er in das bewährte Rezept ein. Kleine Pitazienstücke sorgen dafür, dass das Vanilleeis - ja, jetzt ist es wirklich Vanille und keine Hühnerbrühe - nicht direkt zerfließt, und im Mund für den richtigen Biß. Zur Abrundung gibt es einen Pfirsich-Wein.

Das Essen ist vorbei, zum Abschied kommt noch einmal der Chef vorbei und fragt, ob es geschmeckt hat. Das hat es. Und zwar sehr gut. Die Portionen hatten die richtige Größe. Der Hunger ist gestillt, doch der Magen nicht zu voll. Und so verlässt man das "Tristan" mit einem guten Gefühl - dem eines schönen Abends.

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