Serie So Wohnt Düsseldorf Turnkiste wird zur Küchenbank

Düsseldorf · Ein Einfamilienhaus in Niederkassel lebt durch die Fantasie seiner Bewohner. Viele Möbel hatten ursprünglich mal eine ganz andere Funktion und sind Marke Eigenbau.

 In der Küche dient eine schwebende Betonplatte als Tisch, im Apothekenschrank stehen die Gläser.

In der Küche dient eine schwebende Betonplatte als Tisch, im Apothekenschrank stehen die Gläser.

Foto: andreas endermann

Wer sagt, dass eine Heizung immer so aussehen muss, wie nach heute üblichem Standard: weiß, glatt, unauffällig? Ein Blick in das Badezimmer von Familie Meyer zeigt: Es geht auch anders. Da windet sich eine Kupferschlange an der Wand entlang, die die Wärme optimal leitet und dabei eher wie ein Kunstobjekt wirkt, als ein technisches Gerät. Überhaupt: Ein Gang durch das Haus von Bert Meyer und seiner Frau Agnieszka Glowniak beweist, welche glückliche Verbindung Fantasie und handwerkliches Können sind.

 Möbeldesigner Bert Meyer wohnt mit seiner Frau Agnieszka Glowniak und Tochter Frieda wieder in seinem Elternhaus.

Möbeldesigner Bert Meyer wohnt mit seiner Frau Agnieszka Glowniak und Tochter Frieda wieder in seinem Elternhaus.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Jenseits der Auffahrt zur Theodor-Heuss-Brücke wächst Niederkassel Richtung Norden, viele Häuser dort wurden erst in den vergangenen paar Jahren gebaut, von denen sich einige mit futuristischen Fassaden ins Blickfeld drängen. Andere sind schon 30 Jahre alt und älter und zeigen eher bescheidenes Understatement - zumindest der Außenwelt. Dazu gehört das Haus von Bert Meyer und seiner Frau. Es wurde von seinen Eltern 1978 gemeinsam mit einem größeren Nachbarhaus gebaut, und punktet durch reizvolles Innenleben, drei Etagen großzügiger Behaglichkeit - und Originalität.

Das liegt unter anderem an architektonischen Details: Im Wohnzimmer reicht die Dachschräge fast bis zum Fußboden und ist mit dunklem Holz verkleidet, die offene Galerie in der ersten Etage ragt mit einer Spitze in den Wohnraum. Geschliffene Betonböden geben dem Haus einen Schuss Modernität.

Nebenan, im größeren Haus seiner Eltern, ist Bert Meyer aufgewachsen: "Ich kenn' hier alles und jeden, hier habe ich meine Wurzeln." Als junger Erwachsener zog er zunächst aus dem Familiennest aus, lebte in anderen Düsseldorfer Stadtteilen, fand schließlich über Umwege vor mehr als 20 Jahren zu seinem heutigen Beruf als Möbel-Designer der anderen Art - mit eigener Firma (plus M GmbH) und festem Kundenstamm. Für den gestaltet Privathäuser, Geschäfte und Restaurants und richte sie ein. Seine Spezialität: Er erkennt das Potenzial in alten Stücken und verleiht ihnen eine neue Funktion.

Wie das aussieht, ist in seinem eigenen Haus überall zu sehen. Der Esstisch ist so ein Stück Marke Eigenbau. Eine massive Holzplatte aus Eichenbohlen ruht auf einem Industriegestell mit Rollen. Zwei kleine Abstelltische im Wohnraum entstanden aus verschiedenen Holzabfällen wie Nussbaum und Mahagoni - "alles Schreinerreste", so Bert Meyer, der die verschiedenen Farbtöne aneinandersetzte. Die Küche dominiert ein Metallschrank aus den 1920er Jahren, den Meyer immer und immer wieder geschliffen hat, nun zeigt sich das alte Stück in neuem blau-grauem Glanz. Der Küchentisch ist eine schwebende Betonplatte, nur an einer Seite mit einem Stahlrohr in der Decke verankert, die Bank dahinter erinnert an den Schulsport. Tatsächlich war sie mal eine Turnkiste mit lederner Sitzfläche.

Jeder Raum des Hauses spiegelt die Ideen seiner Bewohner, viele entwickelt das Paar gemeinsam. So besteht die ehemalige Wickelkommode von Tochter Frieda, einem kecken Persönchen von fünf Jahren, das darauf besteht, "Herr Nilsson" (nach dem Äffchen von Pippi Langstrumpf) genannt zu werden, aus alten Apothekerschubladen, die eine neue Holzumrandung und eine weiche Auflage bekamen. Im Bad liegt - man ahnt es schon - keine übliche Duschmatte, sondern ein Stück Wasserbüffelfell mit weicher Filzunterseite. "Sehr angenehm, um mit nackten Füßen darauf zu stehen", meint Angnieszka Glowniak.

In dieses Einfamilienhaus nach Niederkassel zu ziehen, erwies sich für die Familie als Glücksfall. "Die Stadt ist nah, das Schwimmbad auch", so Bert Meyer. Und die Siedlung zeichne sich durch ein intensives Dorfleben aus. Vor allem in den vergangenen Jahren seien viele Familien dorthin gezogen, berichtet Meyer. Was "Herrn Nilsson" besonders freut: Allein in der engeren Nachbarschaft leben jetzt mehr als 20 Kinder.

(RP)
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