Kälte "U-Bahn für Obdachlose öffnen"

Düsseldorf · Die Diakonie und die Hilfsorganistion fiftyfifty fordern, die unterirdischen Bahnhöfe während der Kälteperiode auch nachts nicht zu schließen. Die Rheinbahn dagegen verweist auf die Notunterkünfte der Stadt.

 Um die Obdachlosen - wie hier auf der Düsseldorfer Kö - geht in vielen Städten die Sorge um.

Um die Obdachlosen - wie hier auf der Düsseldorfer Kö - geht in vielen Städten die Sorge um.

Foto: RP, Andreas Bretz

Der Mann war in kritischem Zustand: Gestern gegen 11 Uhr fanden Bundespolizisten den orientierungslos wirkenden, 58 Jahre alten Wohnungslosen in der Bahnhofshalle. Seine verletzten Beine wurden bereits blau. "Dem Mann drohte offensichtlich eine Unterkühlung", so Bundespolizeisprecher Stefan Beckmann. Seine Kollegen nahmen den Obdachlosen mit zur Wache, leisteten erste Hilfe. Einen Arzt lehnte der Mann ab. Die Polizisten brachten ihn schließlich in eine Obdachlosenunterkunft.

Für Pfarrer Thorsten Nolting ein Grund mehr, die Rheinbahn aufzufordern, ihre U-Bahnhöfe für Wohnungslose zu öffnen. So wird es in Berlin gehandhabt, doch in Düsseldorf sind die Bahnhöfe der Rheinbahn nachts geschlossen. "Viele Nichtsesshafte meiden die Notunterkünfte. Bei den aktuellen Temperaturen laufen sie Gefahr zu erfrieren", sagt der Vorstand der Diakonie, die selbst vor allem tagsüber Anlaufstellen für Obdachlose anbietet.

Genügend Angebote

Die Rheinbahn lehnt die Öffnung der U-Bahnhöfe für Obdachlose kategorisch ab. Das habe vor allem Sicherheitsgründe, sagt Rheinbahnsprecher Heiko Göbel. "Wir müssten mit ungeheurem Personalaufwand die Bahnhöfe bewachen, um sicherzustellen, dass niemand auf den Gleisen schläft." Bei der Rheinbahn erinnert man sich außerdem nur zu gut an ein Feuer, das vor Jahren ein Obdachloser im U-Bahnschacht verursacht hatte. Die Stadt, so Göbel, mache genügend Hilfsangebote.

Das sagt auch Sozialamts-Chef Roland Buschhausen: "Bei uns muss niemand auf der Straße schlafen." Die Notschlafstellen seien keineswegs überlastet, und auch die Zelte, die die Stadt gemeinsam mit dem Roten Kreuz im vorigen Januar am Unteren Rheinwerft aufgestellt hat, seien nicht ausgelastet gewesen. Polizei, Ordnungsdienst und viele Bürger kümmerten sich um gefährdete Obdachlose, brächten sie, wenn nötig auch gegen deren Willen, in die warmen Unterkünfte. Gleichwohl werde man die Lage beobachten. "Das Geld hätten wir — wenn es nötig wird, stellen wir auch wieder Zelte auf." Darüber wird Buschhausen in den nächsten Tagen wohl auch mit dem Roten Kreuz reden. DRK-Sprecher Thomas Jeschkowski sagte der RP gestern, das DRK wolle angesichts der frostigen Temperaturen selbst Kontakt mit der Stadt aufnehmen. "Wir können jederzeit die Zelte aufbauen."

Hubert Ostendorf von der Hilfsorganisation fiftyfifty unterstützt den Vorstoß Noltings: "Wir reden über weniger als 100 Leute, die nicht in die Notunterkünfte gehen. Für die ist doch nicht viel Security nötig." Ostendorf würde am liebsten alle U-Bahnhöfe der Stadt im Winter für Wohnungslose geöffnet sehen. "Es ist zutiefst unmoralisch, das abzulehnen — im Wissen, dass dadurch Menschenleben in Gefahr sind."

Im Hauptbahnhof hat die Deutsche Bahn keine Probleme. Bahnhofsmanager Jörg Seelmeyer erklärte: "Wir lassen niemanden erfrieren, Wer sich an unsere Hausordnung hält, wird bei diesen Temperaturen im Bahnhof geduldet."

(RP)
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