Abkehr vom Turboabi Umstellung auf G9 wird Düsseldorf mehr als 100 Millionen Euro kosten

Düsseldorf · Die Stadt rechnet damit, dass sämtliche Gymnasien zur neunjährigen Schulzeit zurückkehren und plant auch neue Standorte. Ausnahmen zugunsten von G8 bewerten die Vertreter von Eltern und Schülern jeweils unterschiedlich.

 In acht Jahren zum Abitur: Katharina Tepper unterrichtet in der Oberstufe des Düsseldorfer Friedrich-Rückert-Gymnasiums Mathematik.

In acht Jahren zum Abitur: Katharina Tepper unterrichtet in der Oberstufe des Düsseldorfer Friedrich-Rückert-Gymnasiums Mathematik.

Foto: Andreas Endermann

Die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium nimmt konkretere Formen an. Klar ist: 13 Jahre bis zum Abitur sollen in Nordrhein-Westfalen bald wieder der Normalfall sein. Ausnahmen bleiben in Einzelfällen möglich, das letzte Wort hat dann die Kommune ("Vetorecht"). "Ich bin bereit, gemeinsam mit der Schulaufsicht einen Dialog zu moderieren, der zum Ziel hat, dass sich sämtliche Düsseldorfer Gymnasien auf das G9-Modell einigen", sagt der Düsseldorfer Stadtdirektor Burkhard Hintzsche. Es mache Sinn, wichtige Rahmenbedingungen wie die Schuldauer einheitlich zu halten, "damit die Gymnasien nicht in eine Konkurrenzsituation hineinlaufen".

Neue Klassenräume

Was die Rückkehr zum alten System kosten wird, hat der Spitzenbeamte aktuell berechnen lassen. "Wir rechnen mit mindestens 85 neuen Klassenräumen und mindestens einem neuen Gymnasium, den wir uns gut auf einem Freigelände an der Völklinger Straße vorstellen können", sagt Hintzsche. Neubauten hält er für unausweichlich, "weil wir an vielen Standorten nicht weiter anbauen können". Insgesamt werde das bis 2026/27, also dem ersten Jahr, in dem es wieder eine 13. Klasse gibt, "einen Betrag im unteren dreistelligen Millionenbereich kosten". Allerdings habe das Land als Verursacher dieser Ausgaben eine Beteiligung signalisiert.

Einem konkurrierenden System von G8- und G9-Gymnasien innerhalb des Stadtgebiets steht auch die Bezirksschülervertretung (BSV) kritisch gegenüber. "Das könnte einem Elite-Denken Vorschub leisten, bei dem sich die achtjährigen Gymnasien als Schule für die besonders Guten profilieren", sagt Jacob Jürgens. Der 16-Jährige geht in die 11. Jahrgangsstufe des Humboldt-Gymnasiums und ist dort Vize-Schülersprecher. Die Abkehr von G8 ("zu viel Stoff in zu wenig Zeit") findet er richtig. Er hofft, dass wenigstens die ihm folgenden Schülergenerationen "Alt-Hebräisch nicht mehr in der zehnten bis zwölften Stunde, also von 16 bis 18.30 Uhr, haben werden". Die BSV, in deren Vorstand Jürgens ist, will das Thema G9-Rückkehr rasch in die Schulen tragen und dort diskutieren lassen. "Wir fürchten, dass G9 die gewünschte Entlastung am Ende gar nicht bringt, weil neue Fächer geschaffen und die Lehrpläne der vorhandenen Fächer sogar noch erweitert werden", sagt er.

"Sehr gute Gründe"

Auch Antje Schuh, Vorsitzende der Schulpflegschaft EDS, sieht die Rückkehr zu G9 positiv. Dass einzelne Schulen, "die dafür gute Gründe benennen", ausnahmsweise bei G8 bleiben, findet sie in Ordnung. Kritisch sieht sie, dass die letzte Entscheidung der Schulträger, also die Stadt, treffen soll. "Diese Hintertür gehört wieder geschlossen."

Gelassen blickt Michael Baltes, Leiter des St. Ursula-Gymnasiums, auf die nahende Umstellung. "Wir sind mit G8 gut zurecht gekommen und werden es auch mit G9." Räumlich sieht er an seinem Standort keine Probleme. Worauf alle Schulleiter warten, sind Konkretisierungen aus dem Schulministerium. "Mich interessiert, ob es mit G9 geringere Wochenstundenzahlen geben wird und wie die Versorgung mit Lehrern konkret organisiert wird", sagt Dorothee Pietzko, Leiterin des Friedrich-Rückert-Gymnasiums. Und Baltes ergänzt: "Vieles ist unklar. Deshalb haben wir den Eltern, die beim Infoabend nach G8 und G9 gefragt haben, nur sagen können, dass es bislang zwar Vorschläge, nicht jedoch belastbare Fakten gibt."

(jj)
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