Brutale Attacke in Düsseldorf Ungereimtheiten im Kantholz-Fall

Düsseldorf · Nach einer Attacke dreier Jugendlicher liegt der 44 Jahre alte Massimo L. immer noch im Koma. Ob er je wieder aufwacht, ist fraglich. Die Polizei bemüht sich, die Umstände des Falles zu klären. Und sucht vor allem Zeugen der Tat.

Es gibt in diesem tragischen Fall um Massimiliano L. etwas, das Gaby Grass nicht loslässt: Wie kommt ein 1, 65 Meter großer Mann dazu, sich mit drei beinahe erwachsenen Jugendlichen anzulegen, und was könnte Massimo — wie er genannt wird — dazu gebracht haben, so auszurasten, dass er auf jene drei Jugendlichen auch noch losgeht? Für die Wirtin der Gaststätte Hoferhof ist das angebliche Verhalten des 44-Jährigen unerklärlich. Sie glaubt der Geschichte der Jugendlichen nicht, nach der sie sich lediglich verteidigt hätten, als der betrunkene L. mit seinem Gürtel auf sie losging.

Zumal Gaby Grass Massimo L.- anders kennt, ihn an jenem vergangenen Freitag noch anders erlebt hat: Freundlich war L. gewesen, auf gar keinen Fall aggressiv. "Massimo ist eher der Typ, der einem Streit aus dem Weg geht", sagt Grass. Nie habe sie den Mann aufgebracht gesehen. Massimo L. kommt eigentlich aus Rees, hat aber sehr häufig bei seiner Lebensgefährtin in Flingern übernachtet und arbeitete auch bei Mercedes in Düsseldorf. Auch nicht, wenn er etwas getrunken hatte. Dabei trank er selten, hatte oft Nachtschicht, nach der er seine Lebensgefährtin immer von der Arbeit abholte.

Allerdings stimmt es schon. An jenem Abend hatte Massimo L. getrunken. "Aber nicht so viel, dass er schwankte oder lallte oder nicht mehr Herr seiner selbst war." L. sei ein bisschen angetrunken gewesen, nachdem er mit Arbeitskollegen unterwegs gewesen war. Er hielt noch einen Plausch mit den Gästen der Gaststätte Hoferhof in Unterrath. Seine Lebensgefährtin, die hier als Bedienung arbeitet, war noch nicht fertig. Gemeinsam gingen sie zur Bahn, setzten sich hintereinander. Besonders tragisch: L. hatte lieber mit dem Taxi fahren wollen, seine Lebensgefährtin aber wollte das Fahrtgeld lieber sparen.

Sie liefen zur Haltestelle Unterrath, stiegen ein und sollen sich über zwei Gäste der Kneipe unterhalten haben. Zwei Stationen später, Station Eckenerstraße, stiegen die Jugendlichen ein, es soll einen Streit gegeben haben, der innerhalb von zwei Minuten — zwei Haltestellen später — so eskaliert sein soll, dass L. mit seinem Gürtel die drei Jugendlichen bedrohte, die sich genötigt fühlten, ein in der Straßenbahn liegendes Kantholz mitzunehmen, mit dem sie sich so zur Wehr setzten, dass der Mann ein paar Minuten später mehr tot als lebendig auf der Straße liegt.

Auch gestern war sein Zustand nach zwei Operationen noch lebensbedrohlich, als sicher gilt, dass Massimo L., sollte er je wieder aus dem Koma erwachen, nicht wieder vollkommen gesund wird. L. hatte sich nach der Attacke erbrochen, sein Atem stand still und sein Gehirn wurde deswegen nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Seine Lebensgefährtin besucht ihn täglich, wacht an seinem Bett. Polizei und Staatsanwaltschaft wollen sie noch einmal zum Hergang der Tat befragen.

So soll es zu Provokationen und Beschimpfungen der Jugendlichen gekommen sein. Auch soll eine Gruppe Jugendlicher etwa um die Zeit in der Gegend um die Haltestelle Eckenerstraße randaliert haben, berichten Anwohner dort. Staatsanwalt Christoph Kumpa sagte gestern noch einmal, dass es momentan keinen Anhaltspunkt dafür gebe, dass es sich bei dem Schlag nicht um Notwehr gehandelt hat.

Die Tatsache, dass sich die Jugendlichen ihren Eltern anvertraut und sich gestellt hätten, spräche für sie, heißt es bei der Polizei. Allerdings stehen noch kriminaltechnische Untersuchungen aus, etwa am Gürtel von Massimo L., die die Version der Jugendlichen belegen könnten. Und es fehlen Zeugen. So ruft die Polizei noch einmal auf, sich zu melden.

(RP)
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