Düsseldorf Uni-Ärzte legen Hirnvene frei

Düsseldorf · In interdisziplinärer Zusammenarbeit hat ein Team am Uniklinikum Düsseldorf ein neues Verfahren für Patienten mit komplizierten Gehirngefäßerkrankungen entwickelt. Jetzt haben die Ärzte die erste OP dieser Art erfolgreich gemeistert.

Der Ärzte-Streik an Uni-Kliniken ist abgewendet.

Der Ärzte-Streik an Uni-Kliniken ist abgewendet.

Foto: Christoph Goettert

Dicke, rote, geschwollene Augen oder pulsierender Tinnitus — bei beidem kann es sich um Symptome einer so genannten Durafistel handeln. Sie bezeichnet eine Gefäßerkrankung im Gehirn, bei der eine Kurzschlussverbindung zwischen den Arterien und den Venen auf der Ebene der Hirnhäute entsteht, aber nur in seltenen Fällen früh diagnostiziert wird. Behandelt werden Patienten vor allem an großen Krankenhäusern mit modernster Technik: Ein Katheter wird im Bereich der Leiste eingeführt, so dass von dort aus im Gehirn des Patienten derjenige Teil der Vene verstopft werden kann, bei dem es zu einer Kurzschlussreaktion kam.

In interdisziplinärer Zusammenarbeit haben die am Uniklinikum Düsseldorf tätigen Ärzte, Daniel Hänggi, stellvertretender Klinikdirektor der Neurochirurgie, und der leitende Oberarzt der Neuroradiologie, Bernd Turowski, in den vergangenen Tagen unter Hochdruck ein neues Verfahren zur Behandlung komplizierter Fälle entwickelt und jetzt erstmals bei einem Patienten, der ins Lebensgefahr schwebte, angewendet. Dabei öffnete der Spezialist für Gefäßneurochirurgie und Schädelbasischirurgie, Hänggi, die Schädeldecke des Patienten auf der Höhe der Schläfe, legte eine Hirnvene frei und führte einen Katheter ein. Der Neuroradiologe Turowski schließlich führte durch diesen Katheter einen Mikrokatheter bis zur Mitte der Schädelbasis, um die betroffene Vene zu verschließen. "Ohne die gute Zusammenarbeit wäre dieser Weg sicher nicht denkbar gewesen", betonte der Oberarzt.

Bei komplizierten Fällen — wie auch bei dem Patienten der Uniklinik — mit so genannter Sinus cavernosus Fistel liegt eine Venensammelstelle unter dem Gehirn in der Mitte des Kopfes, und die Fistel bezeichnet dabei nichts anderes als den Kurzschluss einer Arterie in dieser dicken venösen Blutleiter direkt an der Schädelbasis.

Bei verspäteter Diagnose kommt es zum Verschluss von Venen, die bei einer normalen Durafistel von der Leiste zugänglich sind. Der übliche Zugang über die Leiste ist dann nicht mehr möglich, und der rein operativ neurochirurgische Fistelverschluss wäre in vielen Fällen zu risikoreich. Auch für die Ärzte war der direkte Zugang über den Schädel Neuland: "Das Unangenehme an diesem besonderen Fall war nun, dass sich diese Konstellation genau in der Mitte des Kopfes abspielte, also direkt hinter dem Auge und sich kein Mikrokatheter von der Leiste aus einführen ließ", erklärt Turowski. Das Problem dabei: Wenn die Erkrankung nicht früh genug erkannt und behandelt wird, ist die Wahrscheinlichkeit einer Hirnblutung sehr groß und für den Patienten lebensgefährlich.

"Wir haben uns also gefragt, was wir tun können, denn der Patient befand sich in einer akuten lebensbedrohlichen Situation", erklärt Hänggi. Die Lösung: Die Ärzte legten eine Hirnvene direkt im Kopf frei, so dass sie über die freigelegte Vene das neue Verfahren anwenden konnten. "Denn mit dem normalen Verfahren gelangt man nicht bis zu der Stelle, wo sich die Fistel befindet", sagt Turowski.

Hänggi: "Die Behandlung von jährlich mehreren Hundert Patienten mit komplexen Gefäßmissbildungen an Gehirn und Rückenmark ist nur erfolgreich in der Zusammenarbeit mit den Nachbardisziplinen." Nach Aussage der Neurochirurgen ist diese Leistung für den Patienten — eine schnelle Diagnose und die Freiheit neue Verfahren anzuwenden — ein Privileg der Uniklinik Düsseldorf.

(RP)
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