Düsseldorf Uni geht gegen Ex-Stammzellforscher vor

Düsseldorf · Die Heine-Universität leitet ein Disziplinarverfahren gegen ihren langjährigen Kardiologie-Chef Bodo-Eckehard Strauer ein, der weltweit als Pionier auf dem Gebiet der Stammzelltherapie gilt. Auch 537 Patientenakten waren zuvor überprüft worden.

 Der Kardiologe Strauer war 2001 auf einen Schlag bekannt geworden, als er weltweit zum ersten Mal einen Herzinfarktpatienten mit körpereigenen Stammzellen behandelte.

Der Kardiologe Strauer war 2001 auf einen Schlag bekannt geworden, als er weltweit zum ersten Mal einen Herzinfarktpatienten mit körpereigenen Stammzellen behandelte.

Foto: Werner Gabriel

Die Heinrich-Heine-Universität geht gegen einen ihrer prominentesten und auch streitbarsten Wissenschaftler vor: Sie teilte gestern mit, dass sie ein Disziplinarverfahren gegen ihren langjährigen Kardiologie-Leiter Bodo-Eckehard Strauer einleitet, der seit 2009 im Ruhestand ist. Das Wichtigste zum "Fall Strauer" im Überblick:

Was ist Gegenstand des Disziplinarverfahrens?

Die Uniklinik teilte bereits Ende 2012 mit, dass "Anhaltspunkte auf ein mögliches wissenschaftliches Fehlverhalten" gegen Strauer vorlägen und sie sich daher entschieden habe, eine "interne Untersuchung" dazu einzuleiten. Auch externe Experten wurden hinzugezogen, um die Forschungsarbeit des Herz-Spezialisten unter die Lupe zu nehmen. Im Mittelpunkt standen klinische Studien zur Stammzelltransplantation, die unter Strauers Leitung durchgeführt und publiziert wurden; auch 537 Patientenakten wurden gesichtet. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse, die die Uni allerdings nicht nannte, habe man entschieden, nun ein Verfahren gegen Strauer einzuleiten. Die Bedeutung der Herzstammzelltransplantation an sich, die als experimentelle Behandlungsform noch weiter erforscht wird, sei nicht bewertet worden, betonte die Uni.

Um welche Behandlungsmethode handelt es sich genau?

Strauer gilt als Pionier auf dem Gebiet der Stammzelltherapie und wurde 2001 auf einen Schlag bekannt, als er zum weltweit ersten mal einen Infarktpatienten mit adulten Stammzellen behandelte. Dabei entnahm er einem Patienten Knochenmarkzellen aus dem Beckenkamm, bereitete sie auf und spritzte sie per Ballonkatheter in die Herzkranzgefäße nahe dem vernarbten Infarktgewebe. Wenige Monate nach dem Eingriff teilte Strauer der Presse mit, dass der Eingriff erfolgreich gewesen sei: Die Infarktgröße habe sich um fast 35 Prozent verringert, die Herzleistung verbessert. Es folgten weitere Behandlungen sowie klinische Studien und Publikationen zur "Strauer"-Methode, die von einigen Wissenschaftlern kritisiert wurde, weil sie Ungereimtheiten enthielten. Strauer wies die Vorwürfe zurück.

Wie kam der Fall überhaupt ins Rollen?

Unklarheiten fielen an der Uniklinik auf, als der Sohn eines ehemaligen Stammzellen-Patienten um Auskunft bat.

Welche Maßnahmen können nach einem Disziplinarverfahren ergriffen werden?

Die Uni wollte sich gestern zu möglichen Sanktionen nicht äußern. Nach Abschluss eines Disziplinarverfahrens sind im Allgemeinen verschiedene Schritte möglich, etwa eine Geldbuße oder die Kürzung der Dienstbezüge bzw. des Ruhegehalts. Die Uniklinik hatte zudem nach eigenen Angaben bereits im März 2013 der Düsseldorfer Staatsanwaltschaft Unterlagen zur Prüfung bereitgestellt. Mangels Anfangsverdacht sei aber kein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, sagte gestern ein Sprecher der Staatsanwaltschaft auf RP-Anfrage.

Wann ist mit einer Entscheidung im Fall zu rechnen?

Wohl nicht mehr in diesem Jahr, so die Uniklinik-Sprecherin Susanne Dopheide. Uni-Rektor Hans Michael Piper, der auch Mitglied des Aufsichtsrats der Uniklinik ist, sagte, dass es sich um ein "ergebnisoffenes Verfahren" handele und "eine intensive Prüfung unter Einbeziehung aller Umstände" erfolgen werde. Man rechne mit einem "zeitintensiven Verfahren".

Was sagt denn der Betroffene zur Eröffnung des Disziplinarverfahrens?

Auf Anfrage unserer Zeitung teilte Strauers Rechtsanwalt gestern mit: "Mein Mandant hat in einer ausführlichen Stellungnahme an die Uni Düsseldorf dargelegt, weshalb an den Vorwürfen nichts dran ist. Die heutige Pressemitteilung der Universität liest sich nicht so, als habe sie die Stellungnahme schon gelesen."

(RP)
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