Interview mit Thomas Jarzombek „Unser Zugpferd ist Dirk Elbers“

Düsseldorf · Der 40-Jährige will als neuer Parteichef die CDU für junge Menschen attraktiver machen und die Basis stärker beteiligen.

 Thomas Jarzombek ist seit 2009 Mitglied des Bundestags - ausreichend Präsenz in Düsseldorf will der neue CDU-Chef dennoch garantieren.

Thomas Jarzombek ist seit 2009 Mitglied des Bundestags - ausreichend Präsenz in Düsseldorf will der neue CDU-Chef dennoch garantieren.

Foto: Andreas Bretz

Herr Jarzombek, Sie sind gerade mit 65 Prozent zum neuen CDU-Chef gewählt worden. Hatten Sie mit diesem klaren Ergebnis gerechnet?
Jarzombek Ich freue mich sehr darüber, es zeigt ein großes Vertrauen und bedeutet für mich eine große Verantwortung.

Es gab mit Ihnen und Peter Preuß zwei sehr unterschiedliche Kandidaten, zwei Unterstützer-Lager. Wie wollen Sie die CDU wieder einen?
Jarzombek Ich glaube nicht, dass es wirklich zwei Lager gegeben hat. Ich sehe natürlich, dass es in der Partei queerbeet durch die verschiedenen Vereinigungen Mitglieder, die mich unterstützt haben, aber auch Unterstützer von Peter Preuß gegeben hat. Wichtig ist jetzt, wie wir miteinander umgehen. Ich bin dafür, dass wir den Kreisverband als Team nach vorne bringen.

Sie versprechen einen Neuanfang. Was hat Klaus-Heiner Lehne in den elf Jahren als Parteivorsitzender denn falsch gemacht?
Jarzombek Nichts.

Warum dann der Neuanfang?
Jarzombek Wir müssen jetzt durchstarten, um gut zu bleiben. Es ist ein üblicher Zyklus, dass alle paar Jahre Aufbauarbeit geleistet werden muss, um noch besser zu werden. Ich will die Partei stärker öffnen, mehr auf gesellschaftliche Gruppen in der Stadt zugehen und eine neue Form von Veranstaltungen einführen.

Wie soll das konkret aussehen?
Jarzombek Wer neu in die CDU eintritt, soll sich von Anfang an einbringen können. So können interessante Gedanken einfließen, die man selbst vielleicht nicht hatte. Ich möchte, dass mehr Menschen zu uns kommen, dass sie bunter gemischt sind und damit interessante Gespräche stattfinden. Diese Veranstaltungen sollen ähnlich organisiert sein wie die Berliner Abende, die ich regelmäßig veranstalte.

Sie haben oft kritisiert, dass Entscheidungen im kleinen Kreis, konkret im geschäftsführenden Vorstand der Partei getroffen werden. Schaffen Sie dieses fünfköpfige Gremium ab?
Jarzombek Nein, aber ich werde den geschäftsführenden Vorstand so definieren wie Wolfgang Schulhoff als Kreisvorsitzender: In dem Kreis wird über Finanzen und Personalfragen geredet, über mehr nicht.

Heißt das, dass nun bei der CDU Basisdemokratie herrscht wie bei den Grünen?
Jarzombek Ich glaube, dass man für wichtige Entscheidungen eine gewisse Breite braucht. Das kann der Gesamtvorstand oder die Ortsvorsitzendenkonferenz sein. Ich möchte aber auf jeden Fall dafür sorgen, dass bei Parteitagen mehr diskutiert wird als bisher.

Wollen Sie beim Delegiertensystem bleiben oder Parteietage für Mitglieder öffnen?
Jarzombek Wir haben diese Frage zweimal auf dem Parteitag intensiv diskutiert und entschieden, dass der Delegiertenschlüssel geöffnet wurde. Deshalb glaube ich, dass unsere Parteitage die nötige Breite haben. Mir ist aber wichtig, dass jedes Mitglied im Vorfeld die Möglichkeit hat, sich einzubringen.

Sie sind Abgeordneter im Bundestag, in Düsseldorf stehen in vier Monaten wichtige Wahlen an. Wie garantieren Sie als neuer Parteichef Präsenz?
Jarzombek Ich habe auf dem Parteitag gesagt, dass das erste Ziel des neuen Vorsitzenden ist, einen überzeugenden Wahlsieg für die CDU einzufahren und Dirk Elbers erneut zum OB zu machen. Und das mit voller Energie.

Vernachlässigen Sie den Bundestag?
Jarzombek Der Bundestag tagt im Schnitt 22 Wochen im Jahr. Knapp die Hälfte des Jahres sind also Sitzungswochen, die andere Hälfte bleibt für den Wahlkreis. Außerdem wird ohnehin das Meiste am Telefon geregelt. Ich werde darauf achten, Treffen von Parteigremien in die sitzungsfreien Wochen zu legen. Das kommt sicherlich auch meiner Bundestags-Kollegin Sylvia Pantel entgegen, die ja Vize-Parteivorsitzende ist.

Ihr Verhältnis zu OB Elbers ist nicht so eng wie das Ihres Mitbewerbers. Ist das im Wahlkampf von Nachteil?
Jarzombek Unser Verhältnis ist sehr gut. Ich kenne Dirk Elbers schon lange, glaube, dass er ein überzeugender OB ist und dass er die vergangenen sechs Jahre gut gemacht hat. Das werde ich auch im Wahlkampf deutlich machen.

Schadet zu viel Nähe?
Jarzombek Man darf seine Selbstreflexion nie verlieren. Ich bin dankbar, wenn ich kritische Worte zu hören bekomme.

Wie ist Ihre Strategie für die anstehenden Wahlkämpfe?
Jarzombek Unser Zugpferd ist Dirk Elbers. Er ist ein super-erfolgreicher OB, das zeigt auch die Bilanz unserer Stadt: Wir sind Champion bei den U3-Plätzen, haben beitragsfreie Kitas, die Wirtschaft boomt, in keiner anderen Großstadt wird so viel investiert. Die Strategie besteht also darin, deutlich zu machen, wem Düsseldorf das zu verdanken hat und wie sich die Konzepte der anderen Parteien davon unterscheiden.

Welche Themen wollen Sie spielen?
Jarzombek Ganz klar die Schuldenfreiheit der Stadt. Wenn der Kandidat der SPD, Thomas Geisel, sagt, wir brauchen neue Schulden, erinnert mich das an den Neujahrsvorsatz, keine Schokolade mehr zu essen, aber eine Tafel zu Hause zu haben. Erst nimmt man ein kleines Stück, am Ende ist die Tafel verspeist. Wenn wir wieder Schulden machen, verlieren wir alle Errungenschaften der vergangenen Jahre.

Die Zinsen sind niedrig, sollte man nicht für Investitionen wie preiswerten Wohnbau Kredite aufnehmen?
Jarzombek Die Zinsen werden wieder steigen, dann haben wir keinen Spielraum mehr. Was wir jetzt jährlich für Kitas und Schulen ausgeben, ist das, was früher für Zinsen gezahlt wurde. Mir ist noch ein zweites Thema im Wahlkampf wichtig, nämlich die exzellent organisierte Stadtverwaltung in Düsseldorf. Nehmen Sie Berlin mit dem Flughafen, Stuttgart mit dem neuen Bahnhof oder den U-Bahnbau in Köln — überall laufen Projekte aus dem Ruder. Düsseldorf ist die einzige Großstadt, die es schafft, den Finanzrahmen zu halten oder zu unterschreiten.

Bei der Wehrhahn-Linie wurden die Kosten deutlich überschritten ...
Jarzombek Aber im Rahmen dessen, was geplant war. Dass wir das geschafft haben, ist ganz klar ein Verdienst von Dirk Elbers.

Was ist bei den am 25. Mai anstehenden Wahlen die größte Gefahr für die CDU?
Jarzombek Wir dürfen uns nicht zu sicher sein, sondern müssen dieselbe Energie aufbringen, als wenn wir die Herausforderer wären. Deshalb werde ich die Basis mobilisieren und mit voller Energie für einen klaren Sieg kämpfen.

Nach der Bundestagswahl hatten Sie sich sehr schnell für Schwarz-Grün ausgesprochen. Ist das ein Modell fürs Rathaus?
Jarzombek Die Koalition mit der FDP ist seit 15 Jahren erfolgreich und hat die Stadt zu dem gemacht, was sie heute ist. Diesen Erfolg will ich fortführen.

Sie schließen Schwarz-Grün also aus?
Jarzombek Der Wähler entscheidet, am Ende ist es Mathematik. Aber falls es für Schwarz-Gelb nicht reicht, sehe ich das Szenario für eine große Koalition in Düsseldorf nicht. Egal, wie sehr Thomas Geisel auch versucht, Joachim Erwin (verstorbener CDU-OB, d. Red.) zu werden: Am Ende bleibt er eben doch nur Thomas Geisel.

Wie schwarz-gelb ist Düsseldorf?
Jarzombek Ich bin mir sicher, dass es nach der Kommunalwahl wieder eine CDU-FDP-Mehrheit im Rathaus geben wird. Viele Düsseldorfer wissen, dass unsere Politik erfolgreich ist, und möchten, dass es so weiter geht.

Sie wollen als Parteichef die CDU interessanter für junge Leute machen. Wie soll das gelingen?
Jarzombek Wir müssen uns öffnen und jungen Menschen, die sich engagieren wollen, das auch ermöglichen. Außerdem muss die CDU in den sozialen Netzwerken viel aktiver werden als jetzt.

Besteht nicht die Gefahr, damit Ältere auszuschließen? Ihre Mitglieder sind im Schnitt etwa 60 Jahre alt ...
Jarzombek Ich will das eine tun, ohne das andere zu lassen. Auf keinen Fall wird es wie bei den Piraten sein, dass die Willensbildung ausschließlich über das Internet läuft.

Geben Sie ein paar Tipps: Wie schützen Sie Ihre persönlichen Daten?
Jarzombek Vor allem muss man sich genau überlegen, was man online stellt. Bei privaten Fotos wäre ich vorsichtig, weil man nicht kontrollieren kann, wo sie überall landen. Man muss sichere Passwörter auswählen und darf nicht das gleiche für alles verwenden. Man sollte auch nicht auf jede E-Mail klicken und antworten. Da muss man einfach den gesunden Menschenverstand einschalten. Aber: Wenn die NSA einen wirklich ausforschen will, hat man schlechte Karten.

(dr)
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