Düsseldorf Unterrichtsausfall: Eltern erheben eigene Stichproben

Düsseldorf · Das Land soll die ausgefallenen Stunden in jeder Düsseldorfer Schule erfassen und publizieren.

 Berit Zalbertus hat die Listen zu der von ihr initiierten Online-Petition gestern ausgedruckt. "Ein eindrucksvoller Stapel", findet sie.

Berit Zalbertus hat die Listen zu der von ihr initiierten Online-Petition gestern ausgedruckt. "Ein eindrucksvoller Stapel", findet sie.

Foto: Andreas Endermann

Die Elternschaft Düsseldorfer Schulen (EDS) und die Ratspolitiker der Stadt setzen das Land Nordrhein-Westfalen bei den Themen Unterrichtsausfall und Lehrerstellen unter Druck. Bundesweit haben 13.742 Bürger die von der stadtweiten Düsseldorfer Schulpflegschaft initiierte und betreute Online-Petition "Gebt uns mehr Lehrkräfte. Es geht um die Zukunft unserer Kinder!" gezeichnet. Knapp 12.000 Befürworter kommen aus Nordrhein-Westfalen, 2484 alleine aus Düsseldorf. Die Zeichnung wurde in dieser Woche beendet. Am Donnerstag macht die örtliche CDU bei diesem Thema ebenfalls Druck. Sie schlägt eine Resolution vor, in der der Stadtrat die Landesregierung auffordert, an den Schulen "eine standardisierte und transparente Erhebung des Unterrichtsausfalls durchzuführen, diese fortzuschreiben und den Schulträgern zur Verfügung zu stellen".

Genau das fordert auch Berit Zalbertus, Vorsitzende der stadtweiten Schulpflegschaft. "Das Land geht auf Grundlage einer Stichprobe von gut 1,5 Prozent Unterrichtsausfall aus, wir von annähernd zehn Prozent." Was das in der Praxis bedeutet, hat Zalbertus als Mutter einer Fünftklässlerin selbst erlebt. Mehrere Wochen fiel der Mathematiklehrer ihrer Tochter Hannah in der 5c des Oberkasseler Comenius-Gymnasiums krankheitsbedingt aus. Als Klassenpflegschaftsvorsitzende wandte sie sich an die dafür zuständige Düsseldorfer Bezirksregierung, forderte unter anderem, dass der ausgefallene Unterricht im zweiten Schulhalbjahr über eine zusätzliche Mathe-Stunde pro Woche nachgeholt wird. Außerdem solle die für die Lehrerversorgung verantwortliche Behörde sicherstellen, dass der Unterricht auch bei Krankheitsfällen immer von einen Mathematik-Fachlehrer erteilt wird.

Doch die Antwort enttäuschte die EDS-Vorsitzende. Zwar räumte die Behörde ein, dass der Lehrer im Zeitraum an zehn Tagen vertreten werden musste, aber immerhin sei es an sechs Tagen möglich gewesen, eine Fachlehrkraft einzusetzen. "Somit teile ich ihre Einschätzung nicht, es sei durchgehend kein adäquater Mathematik-Unterricht erteilt worden", heißt es in dem Schreiben. Zudem sei der Vorschlag, den Unterricht später vorübergehend aufzustocken "leider nicht umsetzbar". Dafür müssten die Kinder länger in der Schule bleiben oder auf ihre Mittagspause verzichten. Das sei "nicht annehmbar".

Wie groß der Druck im Einzelfall werden kann, zeigte zuletzt das Beispiel Goethe-Gymnasium. Dort hatten fünf Pensionierungen und Versetzungen sowie vier Langzeiterkrankungen und Schwangerschaften zu Engpässen unter anderem in Sport und katholischer Religion geführt. In Mails hatte die Schulpflegschaft die Eltern ermuntert, sich wo immer möglich in den Schulalltag einzubringen, um die Folgen der Ausfälle wenigstens zu mildern. Inzwischen hat sich die Situation entspannt. "Vier Lehrer bekommen wir neu, weitere ein bis zwei könnten bis Jahresende folgen", sagt Schulleiter Ralf Schreiber.

Zalbertus und ihre Mitstreiter wollen jenseits aller Einzelfälle bei den Themen Lehrerversorgung und Unterrichtsausfall nicht länger untätig bleiben. "In einzelnen Düsseldorfer Schulklassen werden Eltern ab Mai inkognito aufzeichnen, wie viel Unterricht ausfällt beziehungsweise von fachfremden Lehrern erteilt wird." Dass sie damit Computerprogramme und landesweit einheitliche Erhebungen nicht ersetzen kann, weiß die EDS-Sprecherin, "aber wir wollen ein Zeichen setzen". Die Botschaft ans Land müsse lauten: Gebt uns endlich Zahlen für einzelne Städte und einzelne Schulen und vor allem mehr Lehrer." "Wenn 96 Prozent der Stellen besetzt sind, fallen bis zu zehn Prozent des Unterrichts aus", meint Zalbertus. Wer das vermeiden will, "der braucht eine Personalabdeckung eben nicht von 96 oder 98, sondern von 105 Prozent".

(jj)
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