Urteil im Rotlicht-Prozess Angeklagte kommen nach Urteil auf freien Fuß

Es ist der längste Prozess in der jüngeren Geschichte des Düsseldorfer Landgerichts: 316 Tage verhandelte das Gericht im Fall der heimlich unter K.o.-Tropfen gesetzten und abgezockten Freier. Am Ende kassierte der Hauptangeklagte acht Jahre und einen Monat.

Der Rotlicht-Prozess: Eine Chronik
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Foto: dpa, Rolf Vennenbernd

Mit unbewegten Mienen nahmen die beiden letzten Angeklagten im Rotlicht-Prozess nach vier Jahren und 316 Verhandlungstagen am Freitag das Urteil des Landgerichts entgegen. Ex-Bordell-Chef Tomas M. (52) muss demnach für acht Jahre und einen Monat in Haft, einer seiner früheren Wirtschafter (36) wurde nach einem Teilgeständnis zu vier Jahren Haft verurteilt.

Der Schuldspruch erging wegen räuberischer Erpressung, Betruges und gefährlicher Körperverletzung. Denn nach Ansicht der Richter seien mehrere Freier in früheren Luxus-Bordellen an der Rethelstraße und einem Erotik-Hotel in Bahnhofsnähe erst mit K.-o.-Tropfen betäubt, dann abgezockt worden.

Prozess um Düsseldorfer Bordell-Abzocke gestartet
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Die Urteile sind nicht rechtskräftig — und doch kam auch Ex-Bordell-Boss M. direkt nach Prozessabschluss aus der U-Haft frei. Das Gericht sieht jetzt weder bei ihm, noch bei seinem Ex-Wirtschafter eine Flucht- oder Verdunkelungsgefahr. M. hatte rund fünf Jahre fast ununterbrochen in U-Haft gesessen.

Klare Beweise dafür, dass finanzkräftigen Bordellbesuchern heimlich K.-o.-Tropfen in die "Begrüßungsdrinks" gemixt wurden, hatte das Gericht trotz wiederholter Befragung eines Gerichtsmediziners nicht. Und doch gingen die Richter davon aus, dass in mindestens drei Fällen solche Freier durch Tropfen außer Gefecht gesetzt, deren Kreditkarten danach heimlich bis ans Limit belastet worden seien.

Rotlicht-Razzia Düsseldorf – die Beweismittel
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Foto: dpa, Daniel Naupold

Anderen Besuchern sei weisgemacht worden, aus ihrer Bordell-Nacht seien angeblich noch erheblich Restbeträge offen, so dass sie am nächsten Tag in Begleitung des Wirtschafters zur Bank fuhren, um mit frischem Geld diese "Außenstände" zu begleichen. Nach einem Teilgeständnis wurde der 36-Jährige dafür mit vier Jahren Haft belegt.

Tomas M. dagegen war eine Beteiligung an solchen Praktiken nicht nachzuweisen. Doch bei ihm war das Gericht der Ansicht, er habe über die von ihm beherrschten Rotlicht-Betriebe (die nach einer Razzia im Jahr 2012 inzwischen von der Stadt geschlossen wurden) die "Organisationsherrschaft" gehabt, sei deshalb "für Taten seiner Vorderleute verantwortlich". Dafür gab es jetzt acht Jahre Haft. Außerdem wurde er allein für den Besitz einer Stahlrute, die damals in seiner Wohnung gefunden wurde, mit einem weiteren Monat Haft belegt.

Dabei hatte M. bis zuletzt vielfach versichert, er habe stets auf saubere Geschäfte in den Bordellen gedrängt, habe deshalb auch keine Kartenlesegeräte zum Kassieren mit Kreditkarten zugelassen. Was seine Angestellten hinter seinem Rücken getan haben könnten, sei ihm nicht anzurechnen. Doch genau diesen Punkt hat das Landgericht nach dem bisher längsten Strafprozess der jüngeren Justizgeschichte komplett anders bewertet.

Ob das Urteil rechtskräftig wird und wann er seinen Strafrest antreten muss, ist ungewiss. Die Verfahren gegen fünf weitere Ex-Bordellmitarbeiter hatte das Gericht nach und nach abgetrennt, sie sollen demnächst gesondert nachgeholt werden. Eine Bardame wurde freigesprochen, ein Mitarbeiter aus dem Erotik-Hotel war bereits zu vier Jahren Haft verurteilt worden.

(wuk)
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