Serie - Düsseldorfer Plätze Viel Beton und ein bisschen Film Noir

Düsseldorf · Der Komplex aus Johannes-Rau-, Apollo- und Caritasplatz ist eine begrünte Betonwüste. Besucher schätzen die Ruhe, die nur sie selbst hören.

 Der Johannes-Rau-Platz verbindet das Regierungsviertel mit der Altstadt. Im Hintergrund: die Rheinkniebrücke und der Rheinturm.

Der Johannes-Rau-Platz verbindet das Regierungsviertel mit der Altstadt. Im Hintergrund: die Rheinkniebrücke und der Rheinturm.

Foto: Andreas Endermann

Carlstadt/Unterbilk Ein Fahrradkurier rast vorbei, ein anderer ruht sich gerade auf der Bank aus. Auf der Bank neben ihm sonnen sich drei Mädchen. Eine ältere Frau liest ein Buch. Über ihr rauschen die Autos über die Rheinkniebrücke, vor ihr nehmen quietschend die Straßenbahnen die Kurve. Düsseldorfer sind hart im Nehmen, was ihre Naherholung angeht, denn Ruhe findet man auf dem Johannes-Rau-Platz oder dem angrenzenden Apollo-Platz entweder in sich selbst oder gar nicht.

Alexandra Noll und Eva Wilczek nutzen die Bänke vor der Villa Horion zur Kaffeepause. "Die Anbindung zur Autobahn und die Straßenbahnlinie in die Stadt ist unerlässlich", sagt Wilczek über den Verkehrslärm hinweg. Seit dreißig Jahren komme sie regelmäßig her, vorausgesetzt natürlich, das Wetter stimmt. Den Platz sehe sie als repräsentativ für Düsseldorf an - nicht so ihre Freundin. "Vorzeigen müsste man den jetzt nicht, zur Pause reicht er mir aber", sagt Noll. Die 51-Jährige schätzt die "Ruhe und Gemütlichkeit" des Platzes, denn im Gegensatz zum Barbarossaplatz werde dieser zumindest nicht direkt befahren. Neben der Begrünung erfreut Noll auch die allgemeine Gestaltung der Plätze rund um die Rheinkniebrücke.

Ähnlich sieht das Fahrradverleiher Uwe Haas. Seit Anfang des Monats betreut er den Verleih im kleinen Container unter der Brücke, vorher arbeitete er am Hauptbahnhof. "Ich finde es hier ruhig, den Verkehrslärm nimmt man gar nicht wahr", sagt Haas. Viele Leute seien einfach viel zu sehr gestresst, vor dem Apollo gebe es wenigstens keine schimpfenden Autofahrer. "Mir gefällt es hier, ich kann den Blick schweifen lassen." Dass Haas damit nicht den Blick auf die Betonsäulen der Brücke meine, sei ja klar. "Man hat direkt den Rhein in der Nähe und die Leute kommen hier ins Quatschen, bevor sie auf die Promenade gehen", sagt der 49-Jährige. Auch die Skater, die auf ihrer Halfpipe die wohl regelmäßigsten Besucher des Johannes-Rau-Platzes sind, sieht er schon fast als Kollegen. "Die haben mit ein Auge auf den Laden. Es ist doch schön, wenn sie hier rumgurken können."

Vor Haas' Container duckt sich das Apollo-Varieté unter die Brücke, die Leuchtreklame erinnert an den amerikanischen Stil der 50er und 60er Jahre. Dass der Platz aber auch eine ganz eigene, deutsche Geschichte hat, weiß eine Rentnerin, die seit 26 Jahren im Viertel wohnt. Den Herrn, der in Form einer Statue die ehemalige Staatskanzlei bewacht, sah sie auf dem Johannes-Rau-Platz noch persönlich. "Ich habe Rau manchmal gesehen, wenn er auf dem Weg ins Apollo war", sagt die 76-Jährige. Die Dinge, die sie heute auf dem Platz erlebe, sind für sie noch immer ein Grund, auf einer der Bänke Platz zu nehmen. "Wenn ich etwas sehen will, dann komme ich her." Regelmäßig treffe sie hier Bekannte, das sei auch "ein Stück Kommunikation". Veranstaltungen wie zuletzt der Christopher-Street-Day oder Tango-Abende vor der Staatskanzlei hauchten der Umgebung Leben ein. Im Winter sei der Platz zwar nicht schön - es gebe im Übrigen auch viel zu wenig Mülleimer - die Menschen kämen aber zwangsläufig hierher. Und sei es nur auf dem Weg zum Rhein: "Der Platz gehört einfach zum Viertel."

(bur)
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