Düsseldorf Viele PS und noch mehr Kühler

Düsseldorf · Auf dem Böhlergelände lockten Autos, die kein Mensch braucht, aber dennoch viele wollen. Ein Besuch auf dem SUV-Salon mit Offroadern in allen Farben und Preisklassen.

 Lieblingsmotive der vorwiegend männlichen Besucher des SUV-Salons: zwei Fahrzeuge der Marke Dodge.

Lieblingsmotive der vorwiegend männlichen Besucher des SUV-Salons: zwei Fahrzeuge der Marke Dodge.

Foto: Bernd Schaller

Für überzeugte Grüne muss eine solche Messe die Hölle sein. Da drängen sich die Leute um PS-Protze, Breitreifen mit dicken Stollen wie für den Wüstenkrieg werden ehrfürchtig betastet wie einstmals bei Pferden das Gebiss, vor ein paar US-Pickups der Marke Dodge schrumpfen selbst baumlange Kerle auf das Format von Hobbits und empfinden das als normal. Das Innere dieser Trucks (schwarzes Leder) finden sie super, die Ladefläche ist mit einer elastischen Matte ausgekleidet, Rillen im Material würden das Blut erlegter Tiere Richtung Ladekante fließen lassen. Sehr praktisch, so was. Dass dies tatsächlich mal passiert, ist indes unwahrscheinlich - die meisten dieser Monster werden es kaum jemals in den Wald schaffen, mehr als eine Bordsteinkante an der Kö nie überwinden müssen. Ihre dicken Doppelauspuffrohre lassen Kenner Freud'scher Sexualtheorien anzüglich grinsen, scheint doch über dieser Ausstellung der Spruch "Und die Größe spielt doch eine Rolle" zu stehen.

Wir sind auf dem SUV-Salon in einer der Böhlerhallen am Ende der Hansaallee. Wer dort herumstreift, hat zwar meist keine Ahnung, was SUV wirklich heißt (Sport Utility Vehicle), aber er/sie weiß, was gemeint ist. Groß sind diese Autos und hoch, innen geräumig und ausgestattet mit Schnickschnack wie Kompass, Neigungswinkelanzeige, Klimaanlage und Automatikgetriebe. Allrad ist entweder immer aktiv oder kann, wie weitere Untersetzungen oder Differentialsperre, per Knopfdruck zugeschaltet werden. Letzteres ist für echte Offroad-Nutzer übrigens ein No-Go: Sie wollen selbst entscheiden, und zwar mit schwergängigem Schaltknüppel, wie sie Steilhang oder Schlammloch attackieren.

Aber von solchen Grobheiten sind die meisten Besucher dieser Messe weit entfernt. Während sie gern ein Schlückchen eines Getränks namens Hugo schlürfen oder zu kleinen Häppchen (Schweinefilet im Speckmantel, geräuchertem Lachs) greifen, schwelgen sie in deftigen 4-W-D-Fantasien. Ein klarer Typ SUV-Käufer ist schwer auszumachen, eher krasse Gegensätze: Da ist der sichtlich unbedürftige Herr alter Schule in feiner Barbour-Steppjacke mit Paisley-Tuch, Edeljeans und braunen Budapestern aus Pferdeleder, an seiner Seite die elegante Gattin im angepassten Design, aber alles in etwas zierlicher. Lediglich die große Rolex an ihrem Handgelenk (dezent aus Edelstahl) zeugt von Kenntnis des aktuellen Trends hin zu wuchtigen Uhren für die Frau. Dass die beiden sich den Range Rover Vogue (120.000 Euro) leisten können, vor dem sie sachkundig guckend stehen, dürfte unzweifelhaft sein. Anders die etwas gedrungene Dame in etwas zu junger Fransen-Lederjacke, sehr spack sitzender, die Grenzen der Physik testenden Leggings und hochhackigen Stiefeletten in Leo-Print. Kaugummi kauend schlendert sie nebst Mann und Tochter umher, wenig beachtet von den vielen Autoverkäufern - Potenzial scheint man bei ihr nicht zu sehen. (Dass man mit solchen Einschätzungen, siehe Carmen Geiss, falsch liegen kann, hat sich offenbar offroad noch nicht herumgesprochen!) Passenderweise zieht es sie eher zu den etwas krawalligeren bad boys des american way of driving.

So oder so - es gibt genug für die Nase, fürs Auge und fürs Ohr. Autos mit Namen wie Renegade und Outlander, Pajero und F-Pace erinnern an Lagerfeuer und Kaffee aus Blechtassen, Camouflage-Lackierung und Dachgepäckträger mit Scheinwerfern und anderem Outdoor-Equipment versprechen sofortige Verfügbarkeit für den Trip in die Wildnis. Dass ein Dodge mit seinem 5,7-l-V8 dabei lediglich 15,7 l Sprit verheizt (Werksangabe), glaubt nicht mal die Dame mit dem Leo-Print an den Füßen. Verbrauch, CO2-Werte, Klimawandel - es sind keine Themen in dieser Heiligen Halle des Hubraums. Hier und da steht immerhin verschämt das Wort Hybrid am Heck der Fahrzeuge, das muss reichen für den Frieden mit Greenpeace.

(RP)
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