Michael Reuther "Viele schauen neidisch nach Düsseldorf"

Düsseldorf · Der Vorstand für das Firmenkundengeschäft der Commerzbank spricht über Düsseldorfs Haushaltspolitik als Vorbild. Sein Institut wird umgebaut, 9600 Stellen sind in Deutschland betroffen. In Arbeit ist eine "Kreditmaschine" für Firmenkunden.

 Michael Reuther ist seit 2006 Vorstand der Commerzbank in Frankfurt. Heute leitet er den Bereich Firmenkunden. Die Bank wird umgebaut.

Michael Reuther ist seit 2006 Vorstand der Commerzbank in Frankfurt. Heute leitet er den Bereich Firmenkunden. Die Bank wird umgebaut.

Foto: Andreas Bretz

Herr Reuther, Düsseldorf war stets nach Frankfurt am Main Deutschlands Finanzplatz Nummer zwei. Ist das heute noch so?

reuther Heute ist sicherlich eher München der deutsche Finanzplatz Nummer zwei, mit Schwergewichten wie Unicredit oder der Allianz. Das war sicherlich einmal anders, als in Düsseldorf noch die große WestLB existierte, und als Banken, wie die IKB, eine andere Rolle spielten.

Hat Düsseldorf also in den vergangenen Jahren an wirtschaftlicher Attraktivität verloren?

reuther Das auf keinen Fall, im Gegenteil. Viele, besonders die Kämmerer, schauen neidisch nach Düsseldorf. Die Entschuldung der Stadt war sehr weitblickend. Düsseldorfs Haushaltspolitik ist vorbildlich für viele Kommunen im Land. Der Verkauf des Großteils der RWE-Aktien geschah seinerzeit zum richtigen Zeitpunkt.

Ihr Institut hat mal wieder das Firmenkundengeschäft umgekrempelt, für das Sie als Mitglied des Vorstands in Frankfurt verantwortlich sind. Warum?

Reuther Wir haben uns lediglich vom Namen Mittelstandsbank verabschiedet, unser klares Bekenntnis zum Mittelstand bleibt aber unverändert. Kleinere Gewerbekunden werden künftig gemeinsam mit den Privatkunden bedient und erfahren so eine noch dezidiertere Betreuung. Die heutige Firmenkundenbank betreut nun gleichzeitig die großen Firmenkunden und internationale Konzerne mit einem Umsatz von 100 Millionen bis zu einer Milliarde Euro, und die mittelständischen Kunden in einer Größenordnung von 15 bis 100 Millionen Euro. So wollen wir dem Mittelstand unsere Expertise in Sachen Kapitalmarkt noch besser zur Verfügung stellen. Das ist ein Thema, das in den vergangenen Jahren immens an Bedeutung gewonnen hat.

Denken Sie dabei an Mittelstandsanleihen, mit denen etwa die Börse Düsseldorf gerade erst grandios gescheitert ist?

Reuther Der Markt mit Mittelstandsanleihen ist im Grunde genommen zum Erliegen gekommen, wir haben in diesem Segment von Anfang an nicht mitgemischt. Da waren viele Emittenten im Markt, die im Grunde Kandidaten für eine Restrukturierung waren. Da wurden Zinsen gezahlt, die utopisch waren, das konnte nicht gut gehen. Ein probates Kapitalmarktinstrument ist dagegen der Schuldschein, den wir Mittelständlern schon ab einem Volumen von rund 20 Millionen Euro anbieten können.

Was ist Ziel Ihrer Umstrukturierung?

Reuther Wir wollen neue Firmenkunden gewinnen. Unser Ziel sind 10.000 neue Kunden bis zum Jahr 2020. Unser Fokus liegt dabei klar auch auf NRW. Allein in Düsseldorf wollen wir eine dreistellige Zahl an Neukunden gewinnen.

Ist das ein Angriff auf die Sparkassen, die im Mittelstandssegment bisher wohl die Nummer eins sind?

Reuther Wir machen keinen Unterschied, ob der Kunde heute bei der Sparkasse, einer Genossenschaftsbank oder einer privaten Bank ist. Wir sind überzeugt, mit unserer internationalen Expertise bei den Mittelständlern punkten zu können, für die das Auslandsgeschäft immer wichtiger wird. Bereits heute wickeln wir ein Drittel des deutschen Exports ab.

Wie viele Arbeitsplätze wird der Umbau kosten?

Reuther In der Gesamtbank sind brutto 9600 Stellen bis 2020 betroffen, die Zahl für den Firmenkundenbereich können wir mit Blick auf die Verhandlungen mit den Gremien noch nicht nennen. Die Firmenkunden können aber davon ausgehen, dass sie ihre Ansprechpartner in den weitaus meisten Fällen behalten. Wir arbeiten gerade etwa an einer digitalen Kreditplattform, die automatisiert und schnell die Kreditvergabe für Firmenkunden bearbeitet. Dadurch wird eine Kreditanfrage bis zu einer Million Euro binnen 24 Stunden bearbeitet werden können, heute dauert es noch mindestens 72 Stunden.

THORSTEN BREITKOPF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort