Blick Aus Der Verbotenen Stadt Von Anti-Schickimicki-DNA und City-Liftings

Düsseldorf · Frank Lorentz lebt und arbeitet in Köln, kennt Düsseldorf aber sehr gut. Ab sofort wird er einmal im Monat für die RP die Dom- mit der Landeshauptstadt vergleichen. In seiner ersten Kolumne erzählt er, dass der Kölner unfähig ist, an Hässlichkeit zu leiden, während Düsseldorf unter reichen Kölner leidet.

Der älteste Freund, den ich habe, ist Düsseldorfer. Wir kennen uns seit einem Vierteljahrhundert. Rufe ich ihn an, meldet er sich immer ganz förmlich mit seinem Namen, als sei ich ein Unbekannter. Vielleicht hat er in den 25 Jahren nicht die Zeit gefunden, meine Nummer zu speichern, oder das ist die feine Düsseldorfer Art, ans Telefon zu gehen - ich weiß es nicht. Egal, als wir nun sprachen, klagte er, ach, die Kölner, diese reichen Kölner, die führen ja dauernd zum Einkaufen nach Düsseldorf, trieben die Preise in die Höhe, und dann stiegen letztlich die Mieten und die schönen, alten, inhabergeführten Läden, etwa an der Kö, müssten dicht machen, weil nur reiche Filialisten es sich noch leisten könnten, die reichen Kölner zu bedienen.

Ich dachte, was für ein Blödsinn, ich fahre auch oft nach Düsseldorf, und man kann mir vieles nachsagen, aber nicht, reich zu sein. Als zweites dachte ich, dass der Freund Beamter ist und komischerweise immer diejenigen am lautesten über Veränderungen stöhnen, die ihre Schäfchen im Trockenen haben. Als drittes: Was, wenn er recht hätte?

Köln ist, ähnlich wie Düsseldorf, eine Baustelle, wunderbar symbolisiert durch den Dom, die beständigste Baustelle der Welt. Die Ausbreitung von Filialisten, steigende Mieten, Gentrifizierung, das alles kennen wir auch, zum Beispiel dort, wo wir wohnen, in der Kölner Innenstadt. Ich dachte ja immer, die Gentrifizierung, das sind wir selbst, aber jetzt zog vier Häuser weiter der Fernsehmoderator Michael Steinbrecher ein. Christoph Maria Herbst alias Stromberg wohnt in der Parallelstraße, und am Ende der Straße war bis vor Kurzem der für Leverkusen spielende Fußballmillionär Lars Bender zu Hause. Wo mich früher, in meinem türkischen Lieblingsminimarkt, Mustafa mit Merhaba arkada? begrüßte, Hallo Kumpel, eröffnete unlängst ein schniekes Restaurant.

Nun ist, trotz allen Wandels, der Kölner in einer Weise behäbig, dass jegliches Geld- und Immobiliengetue mysteriöserweise nicht die Spur dazu beiträgt, den Charakter der Stadt zu ändern. Da könntest du zehn Libeskind-Bauten ins Zentrum zimmern - es würde nichts bringen. Die Kölner haben ein Faible für verranzte Orte und imprägnieren noch die nobelste Hütte mit ihrer Anti-Schickimicki-DNA. Und anders ist es auch nicht zu erklären, dass sie ihre Heimat so lieben. (Die kölsche Unfähigkeit, an Hässlichkeit zu leiden, trieb schon den größten Fotografen der Stadt, Chargesheimer, in den Wahnsinn.)

Jetzt aber Düsseldorf. Dort gelingt es meiner Ansicht nach tatsächlich, mit größeren kosmetischen Aktionen der Stadt ein neues Gesicht zu verleihen. Nehmen wir den Kö-Bogen. Der ist so grell und kantig und dominant, dass es scheint, als sei die eigentliche Kö nur noch ein Anhängsel des Kö-Bogens und nicht umgekehrt. Die umliegenden Händler müssen aufrüsten oder, wie Eickhoff, die Biege machen. Gleichzeitig, so lese ich, kommt man dank der neuen Toulouser Allee schneller in die City, wohingegen die Verkehrsführung im innerstädtischen Köln - wo architektonische Liftings generell an der Erhabenheit des Doms zerschellen - so chaotisch ist, dass man im Nu aus Versehen auf der falschen Rheinseite landet, in Köln-Kalk, das so ist, wie es klingt. Vielleicht fahren wir auch deshalb lieber gleich nach Düsseldorf. Aber was sollen wir auch machen? Bei euch sind ja sogar die Parkhäuser großzügig und schick. Bei uns sind sie so finster und eng, dass ihre eure Porsches und Range Rovers besser vor der Schranke abstellt, andernfalls steht im Kölner Stadtanzeiger die Schlagzeile: Düsseldorfer rastet ein im Parkhaus in Kalk. Unterzeile: Dann rastet er aus.

(RP)
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