Düsseldorf Vorfreude auf das neue K 21

Düsseldorf · Am Samstag wird das Museum wiedereröffnet. Viele Gemälde und Skulpturen aus der Kunstsammlung kehren aus anderen Ausstellungen zurück. Solche Reisen von Kunstwerken durch die Welt sind inzwischen üblich. Für das Museum bedeuten sie eine große Herausforderung.

Das Foyer des Ständehauses sieht chaotisch aus. Handwerker legen Kabel und verschrauben Wände, auf dem Boden türmen sich Holz-Kisten und Pappkartons. Auf vielen klebt rotes Band: "Achtung! Zerbrechlich!" Es ist noch viel zu tun bis zur Wiedereröffnung. Katharina Nettekoven aber ist entspannt, obwohl ihr Handy immer wieder klingelt. Das Wichtigste ist geschafft: "Die meisten Bilder hängen."

Am Samstag öffnet das K 21 im Ständehaus wieder. Sieben Wochen war das Museum für Gegenwartskunst wegen Bauarbeiten dicht. Das Schwesterhaus K 20 am Grabbeplatz, das Werke der klassischen Moderne zeigt, ist bereits seit fast zwei Jahren geschlossen.

Viele Stücke aus der gemeinsamen Sammlung sind in dieser Zeit gereist. Ein Modigliani ins Museo Thyssen in Madrid und in die Bundeskunsthalle Bonn, eine Plastik von Katharina Fritsch zur Tate Liverpool, ein de Chirico ins Musée D'Art Moderne, Paris, und ein wandfüllender Bonnard in die Kunsthalle Hamburg. 63 Werke machten eine Japan-Tour: Sie wurden präsentiert in Nagoya, Tokio und Kobe.

Katharina Nettekoven kümmert sich darum, dass die wertvollen Stücke unbeschadet zurückkehren. Sie leitet die Abteilung Registrar der Kunstsammlung. Registrar wird englisch ausgesprochen und ist ein neuer Beruf, der entstanden ist, um den Reisebetrieb zwischen den Museen zu organisieren.

Seit den 60er Jahren werden zunehmend Gemälde, Installationen und Skulpturen verliehen. Sie sind zwar versichert — wie hoch, will das Museum nicht verraten —, aber ein Verlust wäre trotzdem eine Katastrophe. Der genaue Wert der Stücke ist oft nicht zu ermitteln, viele sind nicht ersetzbar. Deshalb lautet das oberste Prinzip von Frau Nettekoven: misstrauisch sein. "Man muss möglichst immer daneben stehen."

Wenn man Katharina Nettekoven zuhört, ahnt man, wie viel auf der Reise zu beachten ist. Sie und ihre Kollegen überprüfen, ob das Zielmuseum überhaupt die Anforderungen erfüllt, von der richtigen Beleuchtung bis zu einer modernen Alarmanlage. Im Zweifel informieren sie sich bei Kollegen. Sie suchen die Strecke für den Lastwagen aus — und kontrollieren, ob der Fahrer einen Führerschein hat: "Ein anderes Museum hatte da schon Probleme."

Nettekoven beobacht das Umladen am Flughafen. "Wenn ich das Rollfeld betreten dürfte", sagt sie, "würde ich bis zum Flugzeug mitgehen." Am Ziel wartet ein Kurier des Museums. 24 Stunden muss die Spezialkiste ruhen, damit sich das Kunstwerk akklimatisieren kann. Ein Bild zu verleihen bedeutet für Nettekoven schon mal fünf Tage Stress mit Jetlag in New York. "Die Freizeit reicht höchstens für einen schnellen Döner in Manhattan".

Etwa 90 Kunstwerke hat die Kunstsammlung während der Schließzeit verliehen. Ins K 21 sind vorübergehend Werke der klassischen Moderne umgezogen. Da steht eine Skulptur des Gegenwarts-Künstlers Thomas Schütte vor einem Picasso-Bild. Die Mischung soll neue, überraschende Eindrücke schaffen. Ungewöhnlich ist auch das Licht. Erstmals gibt es in einigen Räumen keine Vorhänge, statt künstlicher Beleuchtung strahlt durch die Fenster das Tageslicht auf die Gemälde. Das ermöglichen unsichtbare UV-Filter.

Die Zeit hinterlässt trotz aller Vorsicht Spuren auf den Werken, die Reisen erhöhen die Gefahr, dass sie beschädigt werden. Die Restauratorin Anne Skaliks zeigt die vielen Macken des Picasso-Gemäldes "Frau vor dem Spiegel", das in Japan war. "Das ist ganz sicher eine Druckstelle", sagt sie über einen winzigen Punkt, an dem die Farbe gesplittert ist.

Skaliks und ihre Kolleginnen erstellen für jedes Werk einen Schadensbericht — wie bei einer Wohnungsübergabe. Im Zweifel soll klar sein, wer schuld ist. Mit dem Zustand der Werke, die während der Schließzeit verreist sind, ist sie aber zufrieden. "Wir haben keine neuen Schäden gefunden." Höchstens hätten einige Gemälde mehr haarfeine Risse bekommen — Skaliks spricht von "Criquelé". Das zählt aber als normale Alterserscheinung.

Das Handy von Katharina Nettekoven klingelt wieder: Ein Transporter wartet vor der Tür. Vier Skulpturen und ein Gemälde von Max Ernst kehren zurück aus Brühl. "Jeder ruft hier nach dem Registrar", sagt sie lächelnd und geht, um sie in Empfang zu nehmen.

(RP)
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