Düsseldorf Warum Herr Küsel gegen Fluglärm kämpft

Düsseldorf · Er ist zwar Rentner, aber noch nicht im Ruhestand. Der Vorsitzende des Heimat- und Bürgervereins Lohausen-Stockum kämpft vor allem darum, dass der Flughafen die Anwohner weniger belastet.

 Siegfried Küsel steht in seinem Garten in Lohausen. Gleich wird er wieder ein Flugzeug starten hören.

Siegfried Küsel steht in seinem Garten in Lohausen. Gleich wird er wieder ein Flugzeug starten hören.

Foto: Endermann, Andreas

Siegfried Küsel könnte zufrieden sein. Der 74-jährige Rentner hat ein großes Haus in Lohausen mit schönen alten Möbeln und einen Garten von 4000 Quadratmetern. Er ist verheiratet und der Vorsitzende des Heimat- und Bürgervereins Lohausen-Stockum. Doch er braucht sich nur ein paar Minuten in seinen Garten zu stellen, und er weiß, warum er nicht zufrieden ist. 43 bis 47 Starts- und Landungen sind nach seinen Angaben pro Stunde auf dem Flughafen zugelassen — und er lebt mit seiner Frau in einer der Einflugschneisen.

Und weil das schon sehr lange so ist, sagt er Sätze wie "Wir wurden belogen und betrogen" und "Diese Gutachten können Sie auf den Müll schmeißen." Er sagt sogar noch viel mehr Sätze, und weil er sich beim Thema Flughafen so gut auskennt, werden seine Antworten zu Kurzvorträgen. Aber keine, bei denen er mit der Faust auf den Tisch donnert oder spuckt, ohne es zu merken. Küsel spricht sachlich, aber unbeirrt. Man merkt, dass er seine Argumente zu Fluglärm, Boden- und Luftverschmutzung schon häufig formuliert hat.

Küsel ist kein Zugezogener, dem plötzlich auffällt, dass er in der Einflugschneise wohnt. Er wuchs in Lohausen auf und blieb dort, wenn ihn seine Arbeit als Diplom-Ingenieur für Maschinenbau nicht durch die Welt schickte. Er macht auch nicht den Eindruck, als werde er irgendwann doch fortziehen. "Ich bin hier großgeworden, außerdem bekäme ich für mein Grundstück wegen der Nähe zum Flughafen viel weniger Geld." In seiner Kindheit war der Flughafen bloß eine Landebahn, an der man mit dem Auto parken konnte. Als Ende der 1950er Jahre die Düsentrieb-Flugzeuge aufkamen, wurde es lauter. "Aber das war nur hin und wieder ein Schallereignis", sagt er. Trotzdem schrieb er bereits in den 1960ern Briefe an den Flughafen und die Genehmigungsbehörden, in denen stand, dass es nicht richtig sei, Flugzeuge zuzulassen, die einen so großen Lärm verursachten. Es wurden einfach immer mehr.

Vor 30 Jahren trat er dem Heimat- und Bürgerverein bei, 2006 wurde er Vorsitzender. Seitdem vertritt er in der Öffentlichkeit die Interessen des Vereins. Wann immer es um den Flughafen geht und darum, wie er die Anwohner belastet, erhebt Küsel seine Stimme oder seinen Stift. Gerade erst hat der Verein Strafanzeige gestellt gegen die Verantwortlichen des städtischen Umweltamtes und des Flughafens, weil diese es versäumt hätten, rechtzeitig gegen die PFT-Verseuchung vorzugehen. Schuld daran sei auf dem Flughafen eingesetzter Löschschaum, der ins Grundwasser gelangt war. Sein Gemüse baut Küsel nur noch im Gewächshaus an. Auch beim Thema U81 engagiert er sich, weil die U-Bahn-Linie möglicherweise auf einer Brücke über den Düsseldorfer Norden führen werde.

Mit dem Wort "Wutbürger" kann er nichts anfangen, er bezeichnet sich lieber als "enttäuschten Bürger". Und enttäuscht ist er von vielen. Dass der Flughafen ernsthaft auf die Bedenken der Anwohner eingeht, erwartet er nicht. Schließlich sei es Interesse eines Unternehmens zu wachsen. Von der Stadt erwartet er auch nichts, weil ihr der Flughafen zu 50 Prozent gehört. "Herr Elbers vertritt die Stadt als Anteilseigner, interessiert sich aber nicht für die Belange der Bewohner." Er ist enttäuscht von der Politik, die viel zu stark von der Wirtschaft beeinflusst werde. Politik müsse neutral bleiben. "Ich glaube schon, dass ich mir Feinde gemacht habe", sagt er, und meint damit zum Beispiel die Immobilienmakler, die sich bei ihm beschweren. Denn wenn jemand bei Küsel anruft, der eine Immobilie in Lohausen kaufen möchte, "dann bringe ich den eben auf meinen Kenntnisstand."

Küsel sagt, dass er kein grundsätzlicher Gegner des Flughafens sei. Aber er möchte, dass die touristischen Flüge ausgelagert werden, zum Beispiel zum Flughafen Weeze, weil es dort viel weniger Betroffene gebe. Er wäre bereits zufrieden, wenn der Status quo beibehalten werde, glaubt allerdings nicht daran. Mit der angekündigten neuen Betriebsgenehmigung seien 60 Starts und Landungen pro Stunde zugelassen.

Dass Küsel kein grundsätzlicher Flughafengegner ist, lässt sich auch daran erkennen, dass er ihn selbst nutzt. Er startet ab Weeze, Köln — und eben Düsseldorf. Den Flughafen nicht mehr nutzen? "Das wäre doch Quatsch."

(RP)
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