Düsseldorf Die Legende vom Fortunabrötchen

Düsseldorf · Ein Brötchen mit Schaumkuss in der Mitte ist eine Kindheitserinnerung vieler Düsseldorfer. Daniel Kasimirowicz pflegt den Mythos sogar im Internet. Drei Legenden, wie die Schlemmerei und ihr Name entstanden sind.

 Daniel Kasimirowicz, Betreiber der Seite fortunabroetchen.de, mit der lokalpatriotischen Backware vor dem Fortunabüdchen am Ehrenhof

Daniel Kasimirowicz, Betreiber der Seite fortunabroetchen.de, mit der lokalpatriotischen Backware vor dem Fortunabüdchen am Ehrenhof

Foto: Andreas Bretz

Plötzlich ist er wieder da. Tief, ganz tief im Gedächtnis lag die Erinnerung an diesen Geschmack, irgendwo zwischen Bazooka-Joe-Kaugummis und diesen Wassereis-Stangen, mit denen man sich immer die Mundwinkel aufgerissen hat. Es fängt mit ganz normalem Brötchen an, und dann kommt wie mit einem Vorschlaghammer die unfassbare Süße. Obwohl es nur ein Schaumkuss ist, der zwischen die zwei Brötchenhälften gedrückt wurde, scheint er seinen Zuckergehalt um das Zehnfache gesteigert zu haben. Diese Sünde gewordene Back-und-Quetsch-Ware trägt in Düsseldorf den lokalpatriotischsten aller Namen: Fortuna-Brötchen.

Woher dieser Name kommt, ist in der Landeshauptstadt ebenso legendär wie die Semmel selbst. Eine eher als Mindermeinung vertretene Theorie geht davon aus, dass die Meisterschaft der Fortuna 1933 so unerwartet kam, dass keine Feier geplant war. Um Brötchen noch aufwendig zu belegen, fehlte die Zeit, also wurden sie einfach mit Schaumküssen gefüllt.

Legende Nummer zwei geht so: Mitte der Sechziger soll ein Schüler des Rethel-Gymnasiums zunächst beim Bäcker an der Flurstraße in Flingern ein Brötchen ohne alles, dann am Büdchen am Lichtplätzchen noch einen Schaumkuss gekauft und die beiden schließlich gekreuzt haben. Vom Geschmack überrascht ließ er seine Kumpels probieren, fand die nächsten Anhänger und gemeinsam wählten sie den Namen ihres Lieblingsfußballvereins. Der Name des Jungen soll Jürgen gewesen sein.

Einer, der sich mit Fortunabrötchen auskennt, mag die zweite Geschichte deutlich lieber, weiß aber trotz jahrelanger Beschäftigung mit dem Phänomen auch nicht, ob sie stimmt. Daniel Kasimirowicz, 44 und aus Itter, betreibt die Seite fortunabroetchen.de - und das schon seit 13 Jahren. An einem sehr lustigen Abend in Zeiten, als das Internet noch jung war, diskutierte er mit Kumpels darüber, ob es sich lohnt, Internetadressen zu bunkern und später mal für viel Geld zu verlaufen. Am nächsten Morgen suchte er die ungewöhnlichste Adresse, die er sich vorstellen konnte, fand und reservierte. Die Homepage hat der IT-Experte dann selbst programmiert und mit den Jahren herrlich bekloppt weiterentwickelt. Heute gibt es dort eine Bewertungsmöglichkeit für Bäcker, die Fortuna-Brötchen anbieten, Rezepte (siehe nebenstehenden Kasten) und sogar einen Shop mit Fortuna-Brötchen-T-Shirts. Dazu kommen eine entsprechende Facebook-Seite (mit 2200 Freunden), ein Twitter- und ein Instagram-Auftritt.

Über die sozialen Netzwerke ist Kasimirowicz auf eine Menge weiterer interessanter Aspekte gestoßen. So ist das Schaumkuss-Brötchen keine rein Düsseldorfer Spezialität. In weiten Teilen des Ruhrgebiets heißt es schlicht Matschbrötchen, die Bayern sagen Bumskopfsemmel. Und die Geschichte der Erst-Belegung muss mindestens 50 Jahre zurückliegen, denn so weit reichen die Anekdoten auf jeden Fall zurück.

Unabhängig von alledem bleiben zwei Dinge allen Fans gemeinsam: Sie kennen kaum ein schöneres Geräusch als das des Schaumkusses, wenn er dem Druck endlich nachgibt. Und der Verzehr endet immer mit einer Sauerei.

Leser-Aufruf Wer kennt den wahren Ursprung des Fortuna-Brötchens? Sachdienliche Hinweise und schöne Legenden bitte an duesseldorf@rheinische-post.de

(hdf)
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