Düsseldorf Wassertemperatur: fünf Grad

Düsseldorf · Mehr als 230 Wagemutige haben sich am Samstag in den kalten Rhein gestürzt. Das Neujahrsschwimmen ist für Taucher und Rettungsschwimmer aus Düsseldorf und ganz Deutschland ein wichtiges Ereignis.

 Mit 13 Jahren war Alexa Kutscher (Mitte) die jüngste Teilnehmerin, Friedhelm "Freddy" Bungert (links) war mit 77 Jahren der älteste unter den wetterfesten Schwimmern.

Mit 13 Jahren war Alexa Kutscher (Mitte) die jüngste Teilnehmerin, Friedhelm "Freddy" Bungert (links) war mit 77 Jahren der älteste unter den wetterfesten Schwimmern.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Es weht ein eisiger Wind, Außentemperatur um den Gefrierpunkt. Selbst zum Spazierengehen ist das Wetter Samstagmittag nicht einladend, geschweige denn, fünfeinhalb Kilometer im Rhein zu schwimmen. Genau das haben 234 Männer, Frauen und Kinder vor. Kurz vor dem Startschuss stehen sie am Rheinufer unterhalb der Kniebrücke in ihren Tauchanzügen. Einige machen Erinnerungsfotos und lachen, bei anderen ist die Stimmung getrübt. "Das braucht kein Mensch hier. Ich bin froh, wenn dieser Tag vorbei ist", sagt ein junger Mann mit grimmigem Gesicht. Auch er wird sich bei der 51. Schwimmaktion des Düsseldorfer Bezirks der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) ins fünf Grad kalte Wasser wagen. Kneifen gilt nicht.

Den Gedanken, das Neujahrsschwimmen ausfallen zu lassen, hatte am Morgen auch Alexa Katscher, mit 13 Jahren die jüngste Teilnehmerin. Sie wollte eigentlich schon vor einem Jahr mitmachen, ab zwölf Jahren dürfen Kinder mitschwimmen. Doch dann wurde sie krank und war ein wenig erleichtert: Ihre Kondition sei nicht so gut gewesen. Alle zwei Wochen trainiert die Siebtklässlerin mit Schnorchel und Flossen im Verein "Düssel-Taucher". "Das macht mir Spaß", sagt sie. Doch überwinden muss sie sich wie manch anderer auch. Kurz vor dem Start ist das Mädchen durchgefroren, der Halbtrockentauchanzug schützt nicht wirklich vor der Kälte. Dann fängt es auch noch an zu nieseln.

Kein Problem für Friedhelm Bungert (77). Der älteste Teilnehmer lächelt gegen Wind und Wetter an. Kein Wunder, er war bis vor sieben Jahren Rettungstaucher bei der DLRG Düsseldorf, hat die Rettungstauchergruppe einige Jahre geleitet und den Anstoß gegeben, dass aus dem Neujahrsschwimmen, das in den 1960ern in kleinem DLRG-Kreis stattfand, eine Veranstaltung wurde, zu der Taucher sogar aus Hildesheim oder Karlsruhe anreisen. Jedes Jahr ist er mitgeschwommen - bis auf 1987, als der Rhein nach einem Chemieunfall in Basel massiv verunreinigt war. Doch selbst damals haben sich Taucher und Schwimmer versammelt und sind entlang des Rheins marschiert. "Wir wollen unsere Einsatzbereitschaft im Winter demonstrieren", sagt Bungert zum Hintergrund der Aktion. "Wir sind im Notfall immer gewappnet, ins Wasser zu steigen."

Und das tun der 77-Jährige und die weiteren Mutigen nach einem lauten Böllerknall. Der Schreck über die Kälte des Wassers steht vielen ins Gesicht geschrieben. Doch zurück geht es jetzt nicht mehr. Mit der Strömung schwimmen die Teilnehmer los, begleitet von Rettungsbooten. Fünfeinhalb Kilometer müssen sie durchhalten, die sie vom Ziel, dem Löricker Sporthafen, trennen.

Dort steigen die Teilnehmer nach etwa 45 Minuten aus dem Wasser. Sie werden von Zuschauern begrüßt und bekommen Erinnerungsmedaillen von Goetz-Ulf Jungmichel, dem scheidenden Projektleiter der Messe "boot", seinem Nachfolger Petros Michelidakis und DLRG-Bezirksleiter Jürgen Pannen. Nach etwa 50 Minuten kommt auch Alexa an der Seite ihrer Mutter Anja, ebenfalls "Düssel-Taucher"-Mitglied, am Hafen an. Hände und Füße seien ganz durchgefroren, "aber ich habe es mir anstrengender vorgestellt", sagt die Gymnasiastin und strahlt übers ganze Gesicht. Auch Friedhelm Bungert ist das Lächeln unterwegs nicht eingefroren. Hin und wieder sei ihm kalt gewesen, wenn Wasser in seinen Anzug eingedrungen sei. "Aber das Schwimmen wärmt", sagt er.

(RP)
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