Düsseldorf Wehrhahn-Angeklagter zitierte Rudolf Hess

Düsseldorf · Details, die immer skurriler werden, prägen derzeit den Landgerichtsprozess um den Wehrhahn-Anschlag. Gestern gab es weitere Zeugenaussagen, und plötzlich war da die Rede von Hitler, von markigen Sprüchen eines Mannes mit dem Spitznamen "Bratwurst", von einem Hess-Zitat des angeklagten Ex-Soldaten (51) sowie davon, dass er einen Fötus im Kühlschrank aufbewahrt haben soll.

Ob das der Aufklärung des Anschlags vom Juli 2000 dient, bei dem durch eine Rohrbombe am S-Bahnhof zehn osteuropäische Sprachschüler überwiegend jüdischen Glaubens teils schwer verletzt worden waren, ist ungewiss.

Wahrheit von Lüge zu trennen, Tarnungen zu durchschauen - das wird für das Schwurgericht bei immer bizarrer werdenden Details nicht leichter. So berichtete gestern ein Zeuge, ein Kumpan aus dem Security-Bereich habe ihm nach einem Trinkgelage auf dem heimischen Sofa beteuert, "Adolf Hitler sitzt in meinem Keller" und habe später mit Hinweis auf den Wehrhahn-Anschlag sogar getönt: "Ich habe die Bombe gelegt!" Der Zeuge dazu: "Ich hatte da meine Zweifel." Eine Bekannte des Angeklagten beteuerte später, der 51-Jährige könne durchaus mit einem Schweißgerät umgehen, zumal er einst den Auspuff ihres Autos geschweißt habe. Auch die Wehrhahn-Rohrbombe war laut Gutachten in Heimarbeit zusammengeschweißt worden. Zwischendurch wurde im Gerichtssaal ein mitgehörtes Telefonat des Angeklagten abgespielt, in dem er Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess zitierte, beginnend mit dem Satz: "Stünde ich wieder am Anfang..." Hess hatte im Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozess einst erklärt, er "würde wieder so handeln" - und von einer göttlichen Instanz doch freigesprochen werden. Auch darauf berief sich der Angeklagte in jenem Telefonat.

Bei einem anderen Gespräch plädierte er dafür, Flüchtlinge in Güterwagons "über Auschwitz nach Hause" zu schicken - oder deren Asche dort zu verstreuen. Und später berichtete eine Ex-Freundin (31) des Angeklagten, sie sei ab ihrem 13. Lebensjahr mit ihm zusammen gewesen. Bei der Polizei hatte sie noch erzählt, sie habe in dieser Zeit eine Fehlgeburt erlitten - und der Angeklagte habe den Fötus bis zur Bestattung in einem Kühlschrank eingelagert. Planmäßig wird der Wehrhahn-Prozess heute beim Landgericht fortgesetzt.

(RP)
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