Wehrhahn-Prozess in Düsseldorf Bundeswehr-Zeuge beschreibt Angeklagten als "durchgeknallt"

Düsseldorf · Im Prozess um den sogenannten Wehrhahn-Anschlag in Düsseldorf hat ein ehemaliger Oberfeldwebel ausgesagt. Der angeklagte Ex-Soldat Ralf S. soll Waffenattrappen gesammelt und einen starken Hang zum rechten Militarismus gehabt haben.

Als "durchgeknallt" beschrieb ein Ex-Kamerad der Bundeswehr am Freitag den Angeklagten im Wehrhahn-Prozess am Düsseldorfer Landgericht. Der 51-Jährige sei in den 1990er Jahren als "top-motivierter Zeitsoldat" mit "Südstaaten-Spleen", einer Sammlung von Waffenattrappen und Hang zum rechtsradikalen Militarismus aufgefallen. Doch eine gezielte Ausbildung an Handgranaten oder mit Sprengstoffen habe der Angeklagte nicht erhalten.

Im Juli 2000 hatte die Detonation einer Rohrbombe, versteckt in einer Plastiktüte am S-Bahnhof Wehrhahn, zehn von zwölf überwiegend jüdische Sprachschüler teils schwer verletzt, eine Schwangere verlor ihr ungeborenes Baby. Der Angeklagte beteuert seit Prozessbeginn, er habe damit "nichts zu tun", sei nicht kundig mit Sprengstoffen. Das Landgericht zog zur Klärung der damaligen Wehr-Ausbildung nun gar einen Oberstleutnant als Bundeswehr-Experten hinzu.

Der Fachmann und auch Ex-Kameraden des Angeklagten versicherten: In der Soldatenzeit sei der jetzt 51-Jährige nicht gezielt im Umgang mit Sprengstoffen geschult worden. Doch hieß es, dass in seiner Kompanie von anderen Soldaten die Herstellung von Sprengfallen in Cola-Dosen oder das Verstecken in Astgabeln trainiert worden war: "So etwas wurde geübt, da war er dabei", hieß es.

Einen ersten Eindruck vom Angeklagten gewann am Freitag auch Michael Szentei-Heise, der Verwaltungsdirektor der jüdischen Gemeinde. Als Prozessbeobachter fand Szentei-Heise, der Angeklagte sei "ein pfiffiger Mensch mit gutem Gedächtnis und einer unglaublichen Fülle von Details, die er geschickt anbringt, und mit denen er jongliert und daraus Nebelkerzen baut". Was der Angeklagte über seine Tätigkeit als Soldat schilderte, stufte Szentei-Heise als "Räuberpistolen" ein. Am Montag wird der Indizienprozess gegen den Ex-Soldaten wegen zwölffachen Mordversuchs fortgesetzt.

(wuk)
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