Kolumne Die Woche In Düsseldorf Wenn's mal laut wird am Rhein

Düsseldorf · Die schönste Jahreszeit für den Düsseldorfer ist eigentlich die fünfte. Außer, so war jetzt zu merken, wenn das mit Lautstärke einhergeht. Sind wir also eher nölig als närrisch? Ein Plädoyer fürs Miteinander.

Im Grafental wurde am Sonntag ein großer Biwak gefeiert. Dabei waren viele begeisterte Besucher - und das Ordnungsamt schaute auch vorbei.

Im Grafental wurde am Sonntag ein großer Biwak gefeiert. Dabei waren viele begeisterte Besucher - und das Ordnungsamt schaute auch vorbei.

Foto: hjba

Eine der schlimmsten Geißeln der Gegenwart ist wohl der Lärm. Straßen-, Schienen und Flugverkehr belasten die Menschen vor allem in Ballungsräumen, gelten inzwischen als eines der größten Umwelt- und Gesundheitsprobleme. Nicht umsonst gibt es vom Norden (Anwohner gegen Fluglärm) bis zum Süden (Wersten Aktiv) Bürgerinitiativen, in denen Menschen - verständlicherweise - gegen die Dauerbeschallung kämpfen. Das ist das eine. Das andere ist, dass es dort, wo Menschen feiern, zwischendurch auch mal laut wird. Und dass dort, wo Menschen den Karneval lieben wie sonst fast nirgends in der Republik, eben ein paar Wochen im Jahr etwas mehr gefeiert wird. Nicht überall gleichzeitig, nicht in einer Tour, aber eben doch spürbar. Das aber scheint heutzutage immer kritischer gesehen zu werden. Wie schade!

Fall 1: Seit sieben Jahren spielen die "Lazy Beat Bones" zu Altweiber in der T-Bar am Kölner Tor in Gerresheim. Nach Beschwerden aus der Nachbarschaft wird Wirt Rainer Denke vom Ordnungsamt einbestellt, das Konzert abgesagt. Bis es nach Protesten unter anderem bei Facebook dann doch wieder stattfinden soll. Das Ordnungsamt betont, ein Verbot im eigentlichen Sinne habe es nie gegeben - aber den Hinweis, der Wirt müsse sich an die so genannten "Betriebseigentümlichkeiten" halten. Also: Nicht mehr als zehn bis zwölf Konzerte im Jahr.

Fall 2: Düsseldorfs jüngster Karnevalsverein, die Gesellschaft Jeckes Grafental, lädt zu ihrer allerersten Veranstaltung, einem sonntäglichen Frühschoppen. Und gleich zu Beginn steht das Ordnungsamt vor der Bühne, weil sich Nachbarn beschwert haben. Die Veranstalter nehmen's mit Humor und drehen die Lautstärke runter.

Nun gibt es natürlich Regeln und Paragrafen, es gibt Begriffe wie Nachtruhe und Ruhestörung. Vor allem aber gibt es auch gegenseitige Rücksichtnahme - und die scheint mir hier das Wesentliche zu sein. Denn ja, Rücksichtnahme bedeutet einerseits, das Ruhebedürfnis zu respektieren, das in unserer Zeit angesichts des ständigen Lärmteppichs noch gewachsen ist. Aber bedeutet es nicht auch, zu akzeptieren, dass andere - manchmal - andere Bedürfnisse haben? Gerade im feierlustigen Düsseldorf, das so gerne seinen Karneval bejubelt, sich zum Rosenmontag über die Aufmerksamkeit aus aller Welt freut und in Karnevalsschlagern verkündet: "Mir danze singe hütt de janze Naach"?

Natürlich soll das nicht heißen, dass, wer in dieser Stadt lebt, vom elften Elften bis zum Rosenmontag Dauerbeschallung ertragen muss. Davon können etwa die Menschen mit Wohnsitz in der Altstadt ein Lied singen (hört ja eh keiner bei dem Lärm), die sich zurecht ein paar ruhigere Nächte wünschen. Aber es sollte vielleicht heißen, dass eine Eckkneipe im Stadtteil ab und an ein Konzert macht. Und dass an einem Sonntag kurz vor Rosenmontag am helllichten Tag mal zur Musik geschunkelt wird und man als Anwohner seufzend Kopfhörer aufsetzt, Oropax nimmt oder mitschunkelt. Wenn gleichzeitig gesichert wird, dass genug ruhigere Tage und Nächte für alle bleiben. Vor und nach Aschermittwoch.

(RP)
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