Wohnungssuche in Düsseldorf "Trägst du Hausschuhe?"

Düsseldorf · In Düsseldorf bewerben sich 150 Personen auf ein WG-Zimmer - unser Mitarbeiter Daniel Schrader war einer davon. Und stellte fest: Es geht schnell ans Eingemachte.

 Einer von fünf Versuchen, die Daniel Schrader machte, um ein WG-Zimmer zu finden. Er wohnt jetzt - zufrieden - im Studentenheim.

Einer von fünf Versuchen, die Daniel Schrader machte, um ein WG-Zimmer zu finden. Er wohnt jetzt - zufrieden - im Studentenheim.

Foto: Andreas Endermann

"Eine Frage habe ich noch", sagt Johannes, "was bringst du mit in unsere Wohngemeinschaft?" Da ist sie, die Gretchenfrage der WG-Suche. Wer nicht mit seinem Charakter zu überzeugen weiß, sollte eine nützliche Mitgift in den Hausrat mitbringen. "Ich habe Pay-TV", antworte ich. "Wir haben keinen Fernsehanschluss", erwidert Johannes. Bestechung fehlgeschlagen.

Günstiger Wohnraum, insbesondere für Studenten und Auszubildende, ist in Düsseldorf selten. Bis zu 150 Personen bewerben sich auf ein freies WG-Zimmer. Wie schafft man es angesichts dieser Konkurrenz, ein Dach über dem Kopf zu bekommen? Ich habe mich dem Wohnungs-Wahnsinn gestellt und 20 Wohngemeinschaften über eine Börse kontaktiert. Fünf haben mich zur Besichtigung eingeladen.

Die erste WG liegt in Friedrichstadt. 20 Quadratmeter für 400 Euro. Das Inventar der Wohnung ist alt, viele Geräte in der Küche sind defekt. Ich sitze mit den potenziellen Mitbewohnern am Tisch. Bevor ich die erste Frage beantworten kann, klingelt es an der Tür. Der nächste Interessent. Ich gehe nach wenigen Minuten. "Viel Erfolg!", wünsche ich dem Nachfolger. "Danke, dir nicht!" Der Konkurrenzkampf ist hart.

Die zweite WG ist für Düsseldorfer Verhältnisse ein wahres Schnäppchen. 280 Euro für 14 Quadratmeter in Flingern. Doch die kleine Wohnung wird ihrem Preis gerecht. Überall stehen Kisten und Gerümpel. Im Bad liegen zwei dreckige Fußabtreter; im Wohnzimmer hängt ein Beamer an der Decke. Johannes und Tim versuchen, mit mir ins Gespräch zu kommen. "Hast du spannende Hobbys?", fragt Johannes. Ich bitte ihn, "spannend" zu definieren, worauf er erklärt, dass er gerne mit dem Zug fährt. Da kann Badminton nur schwer mithalten.

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Das Fazit der ersten Besichtigungen ist ernüchternd, die Absagen überraschen mich nicht. Vielleicht bin ich zu unvorbereitet an die Sache gegangen. Deshalb hole ich mir Hilfe bei Mareike (23), die gleich ein Zimmer fand. Ich solle für mich werben, rät sie. "Es geht um Selbst-Marketing, versuch, zu den Bewohnern einen Draht zu finden." Beim nächsten Termin in Flingern will ich die Tipps umsetzen. 14 Quadratmeter für 430 Euro. Zimmer und Wohnung machen einen guten Eindruck. Um Mareikes Tipp zu beherzigen, frage ich den Bewohner Peter nach seinen Interessen und Hobbys, suche jedoch vergeblich nach Gemeinsamkeiten. Nach fünf Minuten schauen beide auf die Uhr, bis er mich höflich zum Ausgang geleitet.

Vielleicht bin ich in Eller erfolgreicher. 450 Euro für 18 Quadratmeter. Zweien der vier Mitbewohner scheint es jedoch egal zu sein, wer in das freie Zimmer zieht, denn sie sind bei meiner Besichtigung nicht anwesend. "Wir berichten den anderen beiden von dir", sagt Lea. Dass auch ich vor Einzug gerne wissen möchte, wer mit mir zusammenwohnt, kommt ihr nicht in den Sinn. Neben dem freien Zimmer zeigt mir Lea das große renovierte Bad der Wohnung. "Das ist für uns Mädchen." Für die männlichen Bewohner steht dagegen ein halb so großes, nicht renoviertes Bad zur Verfügung. Im Wohnzimmer folgt dann ein kurzes Gespräch, an dem auch ihr Mitbewohner Sven teilnimmt. Besonders wichtig ist den beiden: "Trägst Du Hausschuhe? Uns ist es wichtig, dass der Dreck auf der Straße bleibt."

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Foto: Andreas Endermann

Auch von diesen beiden WGs bekomme ich Absagen. Ich werde zunehmend frustriert. Mit der 23-jährigen Studentin Lara finde ich eine Leidensgenossin. 20 Wohnungen hat sie besichtigt, bislang ohne Erfolg. "Irgendwann beginnt man, an sich selbst zu zweifeln."

Vielleicht habe ich bei meinem letzten Versuch mehr Erfolg. 15 Quadratmeter für 460 Euro in Friedrichstadt. Mein möglicher Mitbewohner Carsten führt mich in wenigen Minuten durch die Wohnung. Interesse an mir hat er nicht. Hauptsache ich bin ruhig und sauber. Abschließend erklärt er mir noch, dass 50 Euro des Mietpreises eine Pauschale für die Möbel in der Küche und im Wohnzimmer seien. Nach drei Jahren hätte ich somit 1.800 Euro für einen zehn Jahre alten Herd, eine Waschmaschine sowie ein gebrauchtes Sofa bezahlt.

Doch ob Wucher oder nicht, am nächsten Tag bekomme ich meine lang ersehnte Zusage, die ich jedoch dankend ablehne. 460 Euro sind viel Geld, wenn man bedenkt, dass der Bafög-Höchstsatz aktuell 597 Euro beträgt. Aber wer in Düsseldorf ein WG-Zimmer will, braucht nicht nur Geld, sondern insbesondere Durchhaltevermögen, Selbst-Marketing und eine große Portion Glück. Mein Glück ist, dass ich im Studentenwohnheim wohnen darf.

(RP)
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