Test in Düsseldorf Wie die Polizei Einbrecher durchschaut

Düsseldorf · Ein Computer soll das kriminalistische Bauchgefühl unterstützen. Die Düsseldorfer Polizei testet mit "Skala" ein System, das Tatorte vorausberechnen kann. In den USA wird es bereits erfolgreich eingesetzt.

 In Bayern nutzt die Polizei seit zwei Jahren das Vorhersagesystem "Precobs". Das jetzt in Düsseldorf getestete System "Skala" soll ähnlich funktionieren und ähnlich wie das hier abgebildete bayrische System aussehen.

In Bayern nutzt die Polizei seit zwei Jahren das Vorhersagesystem "Precobs". Das jetzt in Düsseldorf getestete System "Skala" soll ähnlich funktionieren und ähnlich wie das hier abgebildete bayrische System aussehen.

Foto: dpa

In den ersten beiden Monaten des Jahres hat die Polizei deutlich weniger Einbrüche registriert als im gleichen Zeitraum des Vorjahres - und das, obwohl Januar und Februar als dunkle Wintermonate die besten Tatgelegenheiten bieten.

Ob dieser Rückgang um immerhin rund 40 Prozent ein Zufall oder tatsächlich auf das neueste Instrument der Polizei zurückzuführen ist, "weiß man nicht", sagt Polizeipräsident Norbert Wesseler. Nächstes Jahr um diese Zeit aber will er's wissen. Bis dahin sollten verlässlichere Ergebnisse von "Skala" vorliegen.

Mathematik, dein Freund und Helfer

Skala ist die Kurzform für das "System zur Kriminalitätsanalyse und Lageantizipation", mit dem beim Landeskriminalamt Prognosen dafür erstellt werden, wo in Düsseldorf in nächster Zeit mit Einbrüchen gerechnet werden muss. Mit Hellsehen oder Wahrsagerei habe das nichts zu tun, sagt Wesseler, sondern mit purer Mathematik. "Man muss aber auch ein bisschen dran glauben wollen."

Auf der Polizeikarte ist die Stadt jetzt in 592 Waben eingeteilt, jede umfasst rund 400 Haushalte. "Skala" hat für jede Wabe Informationen über Bebauung, Verkehrswege und Einkommensstruktur im Quartier gespeichert. Die Polizei liefert dazu aktuelle Daten über Einbrüche: Ort und Zeit, Vorgehensweise und eventuelle weitere Erkenntnisse. Im LKA werden diese Informationen in Verbindung gebracht. "Skala" errechnet aus den Daten vier bis fünf Waben, in denen die Wahrscheinlichkeit von Wohnungseinbrüchen in den nächsten Tagen besonders hoch ist.

Weit über 1000 Stunden haben Düsseldorfer Polizisten seit dem "Skala"-Start schon in diesen "Prognosebereichen" verbracht. Verdeckte Ermittler, Uniformierte im Streifenwagen und auch der Verkehrsdienst sind mit im Boot. Und sie haben tatsächlich auch eine Menge Bewegung in den Waben festgestellt, verdächtige Fahrzeuge, auffällige Personen. Ihre Beobachtungen werden in Berichten notiert, die ebenfalls vom "System zur Kriminalitätsanalyse und Lageantizipation" berücksichtigt werden. "Leider haben wir noch keinen Täter auf frischer Tat gefasst - das wäre ein toller Motivationsschub", sagt Wesseler, betont aber, dass das System bei den Beamten sehr gut ankomme.

Denn "Skala" ist - selbst wenn die Vorhersage niemals funktionieren würde - eine große Hilfe, gewissermaßen die digitale Unterstützung des polizeilichen Bauchgefühls. Das meldete sich in alten Zeiten immer dann, wenn erfahrene Ermittler sinnend vor dem mit Stecknadeln markierten Stadtplan standen. Mit "Skala" werden Muster schneller erkennbar - auch für junge Polizisten, die nicht auf jahrelange Kenntnis von Stadt und Pappenheimern zurückgreifen können.

Vor allem Banden im Visier

Getestet wird vorerst ausschließlich im Bereich von Wohnungseinbrüchen. Darauf hat die Polizei Düsseldorf einen Schwerpunkt gelegt, und "Skala" ist einer von mehreren Bausteinen im Konzept. "Den Gelegenheitstäter, der spontan durch ein offenes Fenster steigt, werden wir damit nicht kriegen", sagt Wesseler. "Aber reisenden Banden, die bei uns für einen Großteil der Taten verantwortlich sind, könnte man damit auf die Spur kommen." Oder ihnen zumindest in die Quere, denn im nächsten Schritt sollen etwa auch Präventionsspezialisten und der Bezirksdienst eingesetzt werden, beispielsweise um in den "Prognosebereichen" Anwohner auf Risiken hinzuweisen.

"Endlich können wir die moderne Technik auch mal für uns nutzen", sagt der Polizeipräsident zufrieden, denn für gewöhnlich hängt die Polizei den Tätern in dieser Hinsicht immer ein paar Jahre hinterher.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort