Vermieter, Biergärten, Friseure Wie kinderfreundlich ist Düsseldorf?

Düsseldorf · Kinderfreie Zeiten beim Friseur, Biergärten mit Sperrzonen für Hunde und Kinder, Vermieter, die lieber Singles statt Familien nehmen: Alles nur Einzelfälle? Familien haben es in der boomenden Landeshauptstadt nicht leicht.

Vermieter, Biergärten, Friseure: Wie kinderfreundlich ist Düsseldorf?
Foto: Radowski

Der Anteil der Familien in Düsseldorf sinkt. In nicht einmal 17 Prozent der Haushalte leben noch Kinder unter 18 Jahren. Und nirgendwo sonst zwischen Rhein und Weser ist die Singledichte höher als in der Landeshauptstadt. "Genau das spüren wir immer deutlicher", sagt Johanna Drewes. Eigentlich war es eine Kleinigkeit, die sie bis heute nachdenklich macht. Doch aus dem Kopf bekommt sie das Erlebnis nicht mehr. "Ich ging mit meinem sechsjährigen Sohn Valentin zu unserem Stammfrisör in Flingern. Dort sagte man mir, Kinder würden an Werktagen ab 16 Uhr nicht mehr bedient. Berufstätige Herren hätten sich beschwert, weil sie dann länger warten müssten und es außerdem unruhig sei", erzählt die 42-jährige Werbetexterin. "Mütter und Kinder können doch vorher kommen oder am Samstag. Wir wollen schließlich allen Kunden gerecht werden", wundert sich eine Angestellte über die Kritik. Doch Drewes, die Job und Kinderbetreuung täglich neu unter einen Hut zu bekommen versucht, regt sich immer noch auf: "Irgendwie sagen alle, wir sollen Kinder bekommen und wenn wir sie dann endlich haben, scheint es nur noch darum zu gehen, wie wir sie wegorganisieren - am besten ganztägig."

Dass es im Schatten des Rheinturms nicht immer rund läuft in Sachen Kinderfreundlichkeit, sehen auch andere Mütter und Väter so. Für Aufregung sorgte nach Ostern im linksrheinischen Lörick die Entscheidung eines Biergarten-Pächters, ausgerechnet Kinder aus dem Sandbereich seines Lokals zu verbannen. Der Gastronom begründet dies unter anderem damit, dass dort geraucht wird. Pikant: Das Schild mit durchgestrichenen Kindern befand sich direkt neben einem mit durchgestrichenen Hunden.

Doch während man Friseure und Biergärten mit skurrilen Schildern und Regeln einfach meiden kann, sieht das bei einem existenziellen Thema wie der Wohnungssuche ganz anders aus. "Verletzt" fühlt sich beispielsweise Ana Dittrich, die für ihre vierköpfige Familie in Unterrath ein Jahr lang vergeblich nach einer neuen Bleibe suchte. Besonders schmerzt es sie, wenn Eigentümer eine "familienfreundliche" 140-Quadratmeter-Wohnung anbieten, freilich mit dem Zusatz: "ideal für Paare, gerne auch mit Hund".

Sind das Einzelfälle oder wird es in der trendigen Rheinmetropole tatsächlich schwerer für Kinder? Die Meinungen darüber gehen auseinander. "In München hab' ich das viel deutlicher erlebt", sagt Hannah Goldfarb. Düsseldorf empfindet die Mutter von zwei Jungs dagegen als eher kinderfreundlich. "Freunde in Berlin und Hannover beneiden mich um die beitragsfreie Kita ab dem dritten Lebensjahr. Das ist doch toll", sagt die 35-Jährige. Und selbst bei der Wohnungsuche habe sie Positives erlebt. "Ich denke, unser erstes Baby war sogar ein Bonus. Einige Eigentümer geben eine Wohnung nämlich ganz bewusst an junge Familien." Geradezu ideal für Sprösslinge seien die großen grünen Parks und der Rhein. Eine Einschätzung, die auch Diana Goldermann-Wolf vom Kinderschutzbund teilt: "Wald-, Wasser- und Abenteuerspielplätze zeichnen Düsseldorf aus." Zudem sorgten Mehrgenerationen-Häuser und Kitas, die mit Seniorenheimen gleich um die Ecke zusammenarbeiteten, "für den immer wichtigeren Dialog zwischen den Generationen".

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Schieflagen erkennt die Kinder-Lobbyistin freilich auch. Dazu rechnet sie neben dem Verkehr in den urbanen Vierteln das Thema bezahlbarer Wohnraum. "Es gibt Familien in dieser Stadt, die können sich kein eigenes Kinderzimmer leisten, weil die Miete dann zu teuer wäre." Probleme, die der städtische Jugenddezernent Burkhard Hintzsche keineswegs leugnet. "Deshalb wollen wir jährlich 3000 statt der früher einmal angedachten 1000 Wohnungen pro Jahr zusätzlich schaffen." Insgesamt sieht der Spitzenbeamte Düsseldorf auf einem guten Weg. So sei ein Instrument wie die Familienkarte, mit der es neben anderen Vergünstigungen auch in einem Brauhaus das Dessert für die Sprösslinge schon mal umsonst gebe, "ein wichtiges Signal an alle Düsseldorfer mit Kindern".

Zahlreiche Informationen finden sich auch im Familienführer "Düsseldorf für Kinder" (5,80 Euro).

(RP)
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