Düsseldorf Wie man trauert

Düsseldorf · Bestatter Claus Frankenheim erinnert an traditionelle Rituale des Abschiednehmens.

 Claus Frankenheim im Kolumbarium seines Bestattungshauses in Derendorf

Claus Frankenheim im Kolumbarium seines Bestattungshauses in Derendorf

Foto: Andreas Bretz

Nur wenige Menschen befassen sich heutzutage mit Tod und Trauer. "Die Enttabuisierung des Themas ist zwar weit vorangekommen", sagt Claus Frankenheim, der seit 32 Jahren im Familienunternehmen als Bestatter und Trauerbegleiter arbeitet. "Trotzdem bieten wir nach wie vor ein Produkt, das jeder braucht, aber niemand haben will." Die veränderten Familienverhältnisse, plötzlich Witwer oder Witwe zu sein, das sei für die meisten die größte Herausforderung. "Viele, die nach einem Trauerfall zu uns kommen, sprechen erst einmal nur über den Verstorbenen, machen sich Gedanken über die Organisation der Beerdigung. Wenn ich nachfrage, wie es ihnen selbst damit geht, zurückzubleiben und weiterzuleben, ist es für viele das erste Mal, dass sie darüber nachdenken."

Frankenheim verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz: Nicht nur der Verstorbene, auch die Angehörigen sollen im Mittelpunkt stehen. "Die Menschen haben das Abschiednehmen verlernt", sagt er. "Mit der schwindenden Bindung an die Kirche sind auch viele Rituale verlorengegangen. Früher konnte man keine Trauerkarte drucken, ohne das Datum des Sechs-Wochen-Amtes zu kennen - heute wird das kaum mehr gefeiert. Dabei helfen diese Rituale bei der aktiven Trauerarbeit ungemein."

Auch Wolfram Knitter, Pfarrer in der katholischen Gemeinde Heilige Familie im Düsseldorfer Norden, macht diese Erfahrung zunehmend: "Die Exequienmessen werden immer seltener - hauptsächlich, weil der Wunsch der Menschen danach nicht mehr besteht." Dabei sieht er kein Problem darin, das Bedürfnis Angehöriger nach individuellen Feiern mit den Riten der Kirche zu vereinbaren. "Natürlich hat die Verkündigung im Exequienamt ihren Platz. Aber auch der Verstorbene muss vorkommen. Und wenn der gern Schlager gehört hat, wird eben das in der Kapelle gespielt."

Auch Claus Frankenheim versucht, althergebrachte Traditionen wieder zurück in den Trauerprozess zu holen. War es früher üblich, den Verstorbenen zuhause für die Beerdigung vorzubereiten, haben Angehörige bei ihm heute die Möglichkeit, den Verstorbenen anzukleiden und in den Sarg zu legen, diesen sogar später selbst zuzuschrauben. "Den Verstorbenen in den Sarg, das Symbol für den Tod schlechthin, zu legen, hat viel mit Loslassen zu tun. Genauso, wie das Grab eigenhändig zuzuschaufeln. So kann aller Frust, alle Wut, Stück für Stück abgeworfen werden. Vor allem verkopften Menschen hilft das oft", erklärt Frankenheim.

Auch dass der Trauerprozess mit der Beerdigung bei Weitem nicht abgeschlossen ist, werde heute viel zu oft vergessen: "Wir leben in einer Spaßgesellschaft. Nach einem Trauerfall wird von Ihnen erwartet, spätestens zwei Wochen später möglichst gutgelaunt wieder am Arbeitsplatz zu sitzen und die Arbeit so gut zu machen wie zuvor. So leiden die Menschen oft stark unter dem Unverständnis anderer ihrer Trauer gegenüber." Insofern mag auch hier ein Blick auf vergangene Zeiten helfen: Die Trauer in der ersten Phase nach dem Todesfall wieder wie früher durch schwarze Kleidung sichtbar nach außen zu tragen, würde die Sensibilität der Mitmenschen erhöhen, ist sich Frankenheim sicher.

(RP)
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