Analyse Wie viel Politik verträgt die Ulmer Höh'?

Düsseldorf · Die Verhandlungen um das Gefängnis-Grundstück in Derendorf ziehen sich immer weiter. Die Ulmer Höh' zeigt, wie stark die Politik plötzlich beim Wohnungsbau mitmischen will - und welche Gefahren das für Düsseldorf haben kann.

 Das Gefängnis an der Ulmenstraße in Derendorf steht leer. Auf dem Areal sollen Wohnungen entstehen - wenn sich Stadt und Land einigen.

Das Gefängnis an der Ulmenstraße in Derendorf steht leer. Auf dem Areal sollen Wohnungen entstehen - wenn sich Stadt und Land einigen.

Foto: Christoph Reichwein

Die Zeiten für Investoren sind schwer geworden. Vor ein paar Jahren lobte die Stadt noch artig, wenn bei einem Bauprojekt auch günstige Wohnungen entstanden und der Käufer nicht einfach die Rendite herausholte, die möglich ist.

Das ist vorbei. Jetzt redet die Politik mit. Sie weiß eine große Mehrheit hinter sich - die Klagen über explodierende Mieten sind laut. In allen Parteien ist man sich einig, dass Düsseldorf mehr günstige Wohnungen braucht. Die neue Macht der Politiker hat aber ihre Tücken. Das lässt sich an keinem Beispiel so gut ablesen wie an der Ulmer Höh'. Das Gefängnis-Gelände in Derendorf gilt als eines der wichtigsten aktuellen Bauprojekte. In jedem Fall ist es das Projekt, in dem die meiste Politik steckt - und es ist fraglich, ob das der Sache gut tun wird.

Eine Folge der neuen Gestaltungsmacht ist schon zu erleben: Bis die Bagger anrücken, wird es dauern. Vor drei Jahren sind die Häftlinge ausgezogen, aber Stadt und Land können sich nicht über einen Verkauf einigen. Ein Grund dafür ist, dass man sich nicht einig ist, wie groß die Wohltaten sein sollen, die die Politik festlegt.

Da ist auf der einen Seite der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) des Landes. Für ein atemberaubendes Tempo ist er ohnehin nicht bekannt, im Fall Ulmer Höh' muss er auch die Wünsche der rot-grünen Landtagsmehrheit erfüllen. Die hat den Weg frei gemacht, dass das Areal nicht möglichst teuer verkauft werden muss. Die Bedingung: Es soll mindestens 30 Prozent sozial geförderter Wohnungsbau entstehen, zudem sollen Baugruppen zum Zug kommen. Der BLB will die Politik offenbar mehr als nur zufriedenstellen. Aus Verhandlungskreisen heißt es, er habe bis zu 50 Prozent Sozialbau gefordert. Zugleich will er einen guten Verkaufspreis verhandeln.

Ulmer Höh': Ein Blick in die neue JVA
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Foto: Bretz, Andreas

Auf der anderen Seite steht das städtische Baudezernat - und hat widersprüchliche Forderungen zu erfüllen. Mit 30 Prozent Sozialbau wäre die Düsseldorfer SPD zufrieden, diese Quote schwebt ihr für alle größeren Neubauprojekte vor. Für die Koalition mit Grünen und FDP hat sich die SPD aber bereiterklärt, die 2013 beschlossene Quote von nur mindestens 20 Prozent mitzutragen - und Grüne und FDP würden gern kurz nach Regierungsantritt daran festhalten, genau wie die CDU. So wird die Ulmer Höh' zum Machtkampf in der Stadt.

Die Kritiker verweisen auf die Gefahren von zu viel Sozialbau. Der geht womöglich auf Kosten der "preisgedämpften" Wohnungen mit einer Nettokaltmiete bis zu 8,50 Euro pro Quadratmeter, die eigentlich weitere 20 Prozent jedes Neubauprojekts ausmachen sollen. Ein Verzicht würde Menschen treffen, die zu einkommensstark für Sozialbau sind, aber dennoch schwer eine Wohnung finden - etwa viele der oft zitierten jungen Familien.

Düsseldorf: So sieht der Stadtteil Derendorf aus
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Oder aber die Politik erhöht die Quoten insgesamt. Dann drohen andere Gefahren. Land und Stadt brauchen nämlich einen Investor, der die Wohnungen baut, und das in guter Qualität, denn das Projekt ist städtebaulich wichtig. Für Investoren gilt aber: Je mehr Sozialbau, desto geringer die Rendite. In der Branche verfolgt man die Debatte auch wegen einer anderen Frage: Wie zuverlässig ist die Politik? Die Antwort ist für kommende Projekte wichtig.

Bei Stadt und Land hofft man, dass die Verhandlungen 2015 endlich abgeschlossen werden. Die Eigentümer des Südteils wollten nicht mehr warten: Dort wird schon vorher gebaut - in diesen Grundstücken steckt nicht so viel Politik.

(RP)
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