Zoff in Düsseldorf Wieso Kö-Anlieger cooles Design ablehnen

Düsseldorf · Selten lag die Interessengemeinschaft der Königsallee in Düsseldorf so überquer mit der Stadtspitze wie jetzt. Gegen die modernen Leuchtstelen am Corneliusplatz sollen jetzt sogar Unterschriften gesammelt werden.

 Ginge es nach der Interessengemeinschaft Königsallee, würden die modernen Stelen und Poller am Nordende des Boulevards verschwinden.

Ginge es nach der Interessengemeinschaft Königsallee, würden die modernen Stelen und Poller am Nordende des Boulevards verschwinden.

Foto: A. Bretz

Worauf läuft es hinaus mit der Kö? Seit zwei Jahren flammen immer Diskussionen über die Zukunft von Düsseldorfs berühmtester Straße auf. Soll sie herkömmlich stilvoll bleiben oder doch ein Facelift erhalten? Cooler und moderner werden? In den Diskussionen ging es mal um eine auffälligere Weihnachtsbeleuchtung, eine Illumination des Kö-Grabens (sogar mittels eines Leuchtschiffs) oder die Forderung nach mehr Marketing.

Zum Sturm im Wasserglas geriet vor gut einem Jahr ein Aufstand aus Kreisen des Kö-Centers. Der Versuch, Peter Wienen als Vorsitzenden der Interessengemeinschaft Kö abzulösen, scheiterte. Es gibt dennoch weiteren Redebedarf. Oberbürgermeister Thomas Geisel brachte jüngst einen neuen Radweg in die Diskussion und stellte die Schrägparkplätze auf der Ostseite zur Disposition. Dort könne man zusätzlich Gastronomie anbieten, das passe zur Kö als Erlebnis- und Shoppingmeile.

In den Augen der Anlieger aber bringt die Umgestaltung des Corneliusplatzes das Fass zum Überlaufen. Der große Unterschied zu allen Diskussionen ist, dass jetzt Fakten geschaffen wurden. Die modernen Leuchtstelen und Poller am Corneliusplatz halten Wienen & Co. für einen grausigen Fehlgriff. Sie wollen die seit dem Umbau in den achtziger Jahren gebräuchlichen Kandelaber und Poller etc. in historisierendem Design auch rund um den Platz und bis zum Eckhaus mit dem Max Mara-Geschäft sehen - gemäß der seit Jahren ausgegebenen Losung, mit dem Projekt Kö-Bogen wachse die Kö in den Hofgarten. Tatsächlich aber ist, das zeigen Pflasterung und Leuchten, der Kö-Bogen auf die Kö gewachsen, und zwar bis zur Theodor-Körner-Straße.

Wienen hat seinem Zorn mit Tiefschlagrhetorik Luft gemacht, worauf Verkehrsdezernent Stephan Keller das anberaumte Treffen mit der IG Kö absagte. Nun hat Geisel für den 19. Oktober ins Rathaus geladen. Am Donnerstag ließ er aus Moskau wissen, er sei ergebnisoffen, wenngleich er die Stelen am Corneliusplatz gar nicht so schlimm fände. Auch nicht neben der schönen alten Uhr, der grünen Mathilde, die gerade erst restauriert wurde.

Bei solchen Worten schäumen die Kö-Anlieger. Und es ist erkennbar, dass sie die Gestaltung dauerhaft nicht hinnehmen wollen. "Diese Gestaltung ist nicht akzeptabel", sagt Hans Paffrath, Vorsitzender des Fördervereins Kulturerbe Kö. "Sie ist unfassbar geschmacklos, technokratisch und blutleer." Über Geschmack lasse sich bekanntlich streiten, die modernen Stelen passten zu einem modernen Komplex wie den Libeskind-Bauten gar nicht schlecht. "Aber worüber man nicht streiten kann, ist, dass der Corneliusplatz zur Kö gehört." Am Mittwoch soll deswegen in der Vorstandssitzung beschlossen werden, in den Kö-Geschäften Unterschriften gegen die Stelen zu sammeln.

In der Stadtverwaltung kritisiert man gleichzeitig die Anlieger. Sie hätten den Gestaltungsbeschluss kennen können, ja müssen. Tatsächlich kann man bei genauer Lektüre des elfseitigen Papiers die heutige Gestaltung des Platzes herauslesen. Gleichzeitig ist in der Vorlage aber auch von der "Wiederherstellung des Corneliusplatzes einschließlich Kö-Ost und Kö-West" die Rede. Bei solchen Formulierungen denken die Kö-Leute an die herkömmliche Gestaltung. Sie werfen der Stadtspitze vor, sie bei einer solch wichtigen Frage nicht einmal informiert zu haben. Für sie geht es unter dem Strich um den Geist der klassischen Flaniermeile, wie sie im Paris des 19. Jahrhunderts mit Boulevards und Passagen aufkam. Den lässt der historisierende Stil anklingen. Es geht also um weit mehr als Geschmack und Alltagsstreit, für die Kö-Anlieger geht es um die Identität ihrer Straße. Niedriger sollte auch OB Geisel das Thema nicht hängen.

(ujr)
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