Düsseldorf "Wir haben unser Auto abgeschafft"

Düsseldorf · Gertrud und Theo Hermes aus Lörick nutzen vor allem das Fahrrad - sei es zum Einkaufen, für einen Ausflug oder einen Arztbesuch. Im Linksrheinischen gibt es ihrer Ansicht nach einiges zu verbessern.

 Theo und Gertrud Hermes (80 und 78 Jahre) sind meist per Rad unterwegs, auf der Luegallee (hinten) wünschen sie sich einen Radweg.

Theo und Gertrud Hermes (80 und 78 Jahre) sind meist per Rad unterwegs, auf der Luegallee (hinten) wünschen sie sich einen Radweg.

Foto: Andreas Endermann

Es ist schon einige Jahre her, dass Gertrud und Theo Hermes mit ihrem Golf gefahren sind. Sie wissen nicht mehr genau, ob fünf oder sechs Jahre, jedenfalls haben sie das Auto ganz abgeschafft. Seitdem sind die 78-Jährige und ihr zwei Jahre älterer Mann vor allem mit dem Fahrrad unterwegs. Manchmal auch mit der Straßenbahn. Oder sie entscheiden sich einfach für eine Kombination aus beidem. Ausflüge, Arztbesuche, sogar der große Einkauf - möglichst viel wird mit dem Rad erledigt, in den Körben werden Einkäufe sicher verstaut. Und all das wohlgemerkt ohne jeglichen Elektroantrieb. "Das wäre mir zu schnell", sagt Gertrud Hermes. "Ältere Leute beherrschen das nicht richtig, weil die Reaktionszeit langsamer ist."

Vor allem das Linksrheinische durchradeln die beiden Löricker regelmäßig. Und obwohl sich viel getan hat für Radfahrer, gibt es ihrer Ansicht nach noch einiges zu verbessern. Ihr größter Wunsch: ein Radweg auf der Luegallee - in Fahrtrichtung Innenstadt. Bisher gibt es nämlich nur auf der anderen Seite einen, er verläuft auf dem Bürgersteig. Während Radfahrer, die schnell vorankommen, solche Radwege kritisieren, weil es immer wieder zu Fast-Zusammenstößen mit querenden Fußgängern oder aufgerissenen Beifahrertüren parkender Autos, kommt, fühlt sich Gertrud Hermes damit am sichersten: "Es geht ja nicht nur mir so", sagt sie. Viele nutzten diesen Radweg auch in Gegenrichtung, was eigentlich verboten ist. Aber es traut sich eben nicht jeder mit dem Fahrrad auf die Fahrbahn, wenn er auf der Luegallee in Richtung Innenstadt unterwegs ist. Theo Hermes' Vorschlag: eine Fahrspur wegnehmen, den Bürgersteig verbreitern und dort einen Radweg anlegen.

Dass er mit diesem Vorschlag nicht auf viel Zustimmung stößt, weiß Hermes. 1999 gewann Joachim Erwin (CDU) sogar den OB-Wahlkampf unter anderem mit dem Versprechen, den unter rot-grüner Stadtregierung auf dieser Seite der Luegallee angelegten Radweg abzuschaffen und die Autos wieder über zwei Spuren rollen zu lassen.

"Seitdem hat sich aber vieles verändert", sagt Theo Hermes. Mehr Menschen, auch in seiner Nachbarschaft, nutzten das Fahrrad als Alltagsfahrzeug. Dennoch sind die Vorbehalte im Linksrheinischen noch relativ groß. Zu oft bekam er zu hören, er könne doch die Nebenstraßen benutzen. "Aber wenn ich direkt auf der Luegallee einkaufen will, nützen mir die Nebenstraßen wenig."

Was auch klar wird: Das Sicherheitsbedürfnis bei ihm und seiner Frau ist unterschiedlich hoch. Zum Beispiel der relativ neue Radweg auf der Hansallee - er ist auf der Fahrbahn und gestrichelt abmarkiert. Das heißt, Autos dürfen die Fläche nutzen, wenn kein Radfahrer da ist. "Optimal gelöst", sagt Herr Hermes und freut sich darüber, dass überhaupt ein Radweg angelegt wurde. Seine Frau hingegen will den Radweg nur ungern nutzen. Sie fühle sich unsicher, vor allem wenn es schon dunkel ist, hat sie Sorge, von Autofahrern übersehen zu werden. "Manchmal fahre ich deshalb auf dem Bürgersteig", gesteht sie.

Ähnlich skeptisch sieht sie den neuen Radweg, der auf der Oberkasseler Brücke geplant ist. Auf der Fahrbahn soll ein Streifen abmarkiert werden - mit einer durchgezogenen Linie, die Autos nicht überfahren dürfen. Dennoch ist das für Gertrud Hermes keine Option: "Ich hätte Angst, gegen die Betonkante zu fahren." Während sie das sagt, radelt auf der Brücke ein Pulk Schüler vorbei - auf dem Bürgersteig, den sich Radfahrer derzeit noch mit den Fußgängern teilen müssen. Die Jugendlichen sind schnell, klingeln, als sie nicht schnell genug Platz bekommen. "Sehen Sie, so ist das hier immer", sagt Theo Hermes.

Die Idee von einem rücksichtsvollen Miteinander von Fußgängern und Radlern funktioniert eben nicht, wenn einige es auf ihren Zweirädern besonders eilig haben. Deshalb ist klar, dass sich auf der Brücke etwas ändern muss. Und das geschieht ganz im Sinne von Gertrud Hermes: Denn es wird zwar einen Radweg auf der Fahrbahn geben, auf dem Bürgersteig bleibt das Radfahren im Schritttempo und mit Vorrang für Fußgänger aber weiterhin erlaubt.

(RP)
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