Kolumne Auf Ein Wort Wir sollten uns mehr freuen

Düsseldorf · Hast du heute zum Frühstück Essig getrunken?", würde Papst Franziskus einen Priester oder Ordenschristen mit einem traurigen oder verbitterten Gesicht fragen. So gesagt bei einer Begegnung mit vornehmlich jungen Geistlichen und Ordensschwestern während seiner jüngsten Reise ins gar nicht christlich geprägte Bangladesch. Zwar müsse die Freude nicht immer von einem Lachen begleitet werden, aber sie verleihe stets einen tiefen Frieden, der in den Augen gerade vieler älterer Priester und Ordensfrauen zu sehen sei. Der Papst schloss seine Ansprache mit den Worten: "Ohne Freude kann man Gott nicht dienen." Diese Feststellung gilt wohl nicht exklusiv nur den Adressaten des Heiligen Vaters in einer Kirche in Dhaka, sondern allen Menschen, die sich Christen nennen. Hier darf ein selbstkritischer Blick in unsere eigenen Gemeinden erlaubt sein.

Der Dritte Adventssonntag ruft uns das ebenfalls unmissverständlich ins Bewusstsein. Er trägt den lateinischen Namen Gaudete - Freuet euch! Gemeint ist hier das genaue Gegenteil von vordergründigem Spaß. Der ist schnell wieder vorüber und vergessen. Die Freude, von der der Gaudete-Sonntag kündet, meint die tiefe innere Freude, die der Glaube an einen Gott schenkt, der sich auf eine Augenhöhe mit uns Menschen begeben hat. Der Schöpfer wird Geschöpf. Mit Weihnachten tritt die Beziehung Gottes zu uns in einen nicht mehr zu überbietenden Zustand: Wir heißen nicht nur Kinder Gottes, wir sind es wirklich.

Der Sonntag Gaudete will in uns bewusst die Vorfreude auf das kommende Fest der Geburt des Gottessohnes wecken. Als Kind Gottes sich wieder einmal so auf Weihnachten freuen zu können wie ein Kind. Das wäre doch was! Sich zu freuen auf die Gemeinschaft der Familie, auf festliche Gottesdienste, auf den Festtagsbraten und auch auf schöne Geschenke. Warum auch nicht? Aber letztlich die viel tiefere Freude zu erfahren, die das Paulus-Zitat beinhaltet: "Freut euch im Herrn zu jeder Zeit! Der Herr ist nahe" (Phil 4,4-5).

Ich wünsche allen einen freudenreichen Dritten Adventssonntag ohne Essig-Miene.

(RP)
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