Düsseldorf Wirtschaft brummt, nur Banken kranken

Düsseldorf · Die Exporterwartungen der rheinischen Unternehmen ziehen trotz Trump und Brexit deutlich an. Beschäftigung und Investitionen steigen wieder in der Metropolregion Rheinland, sagt die IHK. Einziges Sorgenkind ist der Finanzsektor.

Vor wenigen Tagen haben die Kammern, Kreise und Großstädte des Rheinlands nach langem Ringen einen Bund besiegelt: die Metropolregion Rheinland. Erstmals seit diesem Ereignis präsentierten gestern die Industrie- und Handelskammern aus genau dieser Metropolregion das Konjunkturbarometer. Grundsätzlich machen die Kammern das zwar schon seit vielen Jahren, doch selten blickte die Öffentlichkeit so auf die Wirtschaftserhebung wie nach dem Beschluss der Bündnisregion. Und die frisch gebackene Metropole kann sich wirtschaftlich durchaus sehen lassen, die Stimmung ist durchweg gut.

Zum Jahresbeginn 2017 bewerten die Unternehmen im Rheinland ihre Geschäftslage größtenteils weiterhin sehr positiv. 39,7 Prozent der befragten Betriebe bezeichnen ihre Lage als gut, weitere 49,8 Prozent immerhin als befriedigend. Der Geschäftslageindex, der die Differenz der guten und schlechten Lageeinschätzungen darstellt, hat gegenüber dem Herbst um 1,8 Punkte zugelegt. Er hat mit 29,3 Punkten fast den starken Wert vom Jahresbeginn 2016 erreicht und liegt deutlich über dem Zehn-Jahres-Durchschnitt, der bei 21,3 Punkten liegt. "Die Konjunktur im Rheinland entwickelt sich sehr stabil. Anhaltend niedrige Zinsen, eine hohe Kaufkraft und Konsumlaune, eine bis in den November hinein relativ niedrige Inflation sowie steigende Einkommen und Beschäftigung stützen diesen Verlauf", sagte Hubertus Hille, Hauptgeschäftsführer der IHK Bonn/Rhein-Sieg, beim heutigen Pressegespräch in der IHK Düsseldorf. Die Rheinischen Kammern wechseln sich traditionell mit der Präsentation des Barometers ab, diesmal war Bonn an der Reihe.

Die Chemiebranche, im Rheinland mit Firmen wie Lanxess, Henkel, Bayer oder BASF besonders stark vertreten, hofft besonders auf steigende Exporte. Die befragten Branchenvertreter gaben die beste Lagebeurteilung seit sechs Jahren ab. Eine Sonderkonjunktur erlebt gerade die Baubranche. Sie profitiert von einem Bauboom in den rheinischen Großstädten infolge der rekordmäßig niedrigen Zinsen.

Eine andere Branche ist aus genau dem gleichen Grund in eine tiefe Krise gerutscht. Als einziger Sektor beurteilt das Kredit- und Versicherungsgewerbe sowohl die Lage als auch die Geschäftserwartungen schlechter als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Nur jedes zehnte Kreditinstitut bezeichnete die Erwartungen für die Beschäftigung in den kommenden sechs Monaten als "gut", insgesamt 50 Prozent sogar als schlecht oder schlechter. "Der Schrumpfungsprozess der Branche geht weiter. Es ist mit Personalabbau zu rechnen", heißt es in der Studie. Belastet werden die Kreditinstitute von den gleichen niedrigen Zinsen, von denen der Bau profitiert. Skeptiker sagen, das Geschäftsmodell der Banken ist durch die Null- und Negativzinspolitik der EZB abgeschafft.

Kurz nach dem Start der Metropolregion, und noch bevor sie einen Geschäftsführer hat, haben sich die Industrie- und Handelskammern in Richtung Politik positioniert und eine "Wirtschaftspolitische Agenda" für das Rheinland vorgestellt. Sie enthält vier Positionen: 1.) Verkehr und Infrastruktur, 2.) Bildung und Fachkräftesicherung, 3.) Forschung und 4.) Stadtentwicklung. "Eine konkrete Ausgestaltung sollte etwa endlich ein gemeinsames Ticket der Verkehrsverbünde Rhein-Ruhr und Rhein-Sieg sein, um Pendlern zwischen Köln und Düsseldorf das Nachlösen in Langenfeld zu ersparen", sagt Gregor Berghausen, Hauptgeschäftsführer der IHK Düsseldorf.

(tb.)
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