Düsseldorf Zaun soll Militär vor Flüchtlingen schützen

Düsseldorf · In der Bergischen Kaserne wird eine Unterkunft des Landes für 1000 Menschen entstehen. Weil sie noch von einem Musikkorps genutzt wird, pocht der Bund auf einen Zaun und Bewachung rund um die Uhr.

 Nagelneu ist der Natodraht am Zaun der Bergischen Kaserne - obwohl sie 2017 aufgegeben wird. Ein ähnlicher Zaun soll Flüchtlinge abgrenzen.

Nagelneu ist der Natodraht am Zaun der Bergischen Kaserne - obwohl sie 2017 aufgegeben wird. Ein ähnlicher Zaun soll Flüchtlinge abgrenzen.

Foto: Endermann

Mancher Nachbar der Bergischen Kaserne ist irritiert: Direkt neben dem Haupteingang wurde auf dem Zaun der gewundene Natodraht erneuert. Nagelneu glänzend schützt er nun das Militärgelände. Obskur: Denn, so ein Beobachter, durch das Portal könne man jederzeit rein und raus marschieren. Außerdem sind auf dem riesigen Areal ohnehin nur noch ein Musik- und ein Sanitätskorps untergebracht - und auch die ziehen 2017 aus. Doch formal muss das so sein, wie aus Bundeswehrkreisen zu hören ist.

Das gilt auch bei der geplanten Notunterkunft für Flüchtlinge, die das Land auf einer Freifläche des Kasernengeländes einrichten will. Vier Leichtbauhallen für je 250 Menschen sollen auf ehemaligen Sportplätzen des Militärs aufgestellt werden. Doch auch da wird ein Zaun zum Knackpunkt: Er soll das Militär - im konkreten Fall Musiker und Sanitäter - vor den Flüchtlingen schützen. Und nicht nur das. Ist die Unterkunft erst einmal errichtet, muss auch eine Streife rund um die Uhr im Einsatz sein.

"Warum muss das so streng abgetrennt werden?", fragt Miriam Koch, die städtische Flüchtlingsbeauftragte. Bei Hochsicherheitstechnik sei das noch einzusehen, aber bei der gegebenen Nutzung sei der Sinn nicht direkt zu erkennen. Auch Düsseldorfer Bürger wundern sich darüber: "In meiner Fantasie entstehen herrliche Bilder, wie sich die tapferen Musik-Soldaten mit ihren Instrumenten gegen die Heerscharen von Flüchtlingen wehren müssen", schreibt Barbara Gladysch von der Initiative "Mütter für den Frieden", schlägt auch eine Alternative vor: "Soldaten und Flüchtlinge besuchen sich gegenseitig und machen gemeinsam Musik."

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Thorsten Grützner, Sprecher der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), die die Kaserne verwaltet, verweist auf die Bundeswehr als Hausherrn. "Das Bundesministerium für Verteidigung stuft die Bergische Kaserne als militärischen Sicherheitsbereich ein." Deshalb müsse sie entsprechend geschützt werden. Eine Waffenkammer gebe es auch bei einer Nutzung durch Musik- und Sanitätskorps.

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Offen ist noch, wer all das bezahlt. Beim Zaun ist von einem sechsstelligen Betrag die Rede, die Streife ist noch nicht beziffert. Der Düsseldorfer Bundestagsabgeordnete Thomas Jarzombek (CDU) geht davon aus, dass die Bima das übernimmt und verweist auf einen Haushaltsvermerk, laut dem die Bundesbehörde die Herrichtungskosten für eine Nutzung zur Flüchtlingsunterbringung übernehmen wird. Laut Grützner gilt das jedoch erst ab Januar 2016 - und ob auch ein Zaun damit gemeint ist, ist unklar.

Bei der Bezirksregierung Düsseldorf, die die Notaufnahme für das Land realisieren soll, gibt man sich gelassen: "Das Projekt ist auf einem guten Weg", betont Regierungspräsidentin Anne Lütkes. So bald wie möglich soll die Notunterkunft eingerichtet werden, Zaun und Kosten sollen dabei nicht die Hürde sein.

Für Düsseldorfs Sozialdezernent Burkhard Hintzsche wäre es ein Fortschritt, wenn klar wäre, dass nicht die Stadt auf den Kosten sitzenbleibt. Die Logik erschließe sich ihm allerdings nicht: "Warum bauen wir 2015 einen Zaun, wenn 2017 der letzte Musiker die Kaserne verlässt? Das Geld wäre besser in Integration angelegt."

(dr)
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