Kunst-Aktion auch in Düsseldorf Aktivisten heben "Gräber" für Flüchtlinge aus

Düsseldorf · An mehreren Stellen im Düsseldorfer Stadtgebiet haben Unbekannte vermeintliche Grabstätten errichtet, die an tote Bootsflüchtlinge erinnern sollen. Dahinter steckt eine Aktion, die am Wochenende auch in Berlin viel Aufsehen erregt hatte.

Düsseldorf: Aktivisten stellen Kreuze für Flüchtlinge auf
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Die angeblichen Gräber wurden in der Nacht zum Sonntag angelegt. Sie befinden sich an Stellen, an denen sie Passanten sofort ins Auge fallen: An der Rheinpromenade, am Uhrenfeld im Volksgarten, am Graf-Adolf-Platz und an der vielbefahrenen Kölner Straße. Die Unbekannten haben Erde angehäuft, Kerzen und Blumen niedergelegt und ein Kreuz aufgestellt - ganz so, als befinde sich hier ein echtes Grab.

Auf den Kreuzen stehen Worte wie "Lampedusa", "Genozid" und "Shame on EU" (Schande über die EU). Die italienische Insel Lampedusa ist zu einem Symbol für das Leid die Flüchtlinge im Mittelmeer geworden: Sie liegt so nah an der tunesischen Küste, dass sie für sogenannte Bootsflüchtlinge aus Afrika erste Anlaufstelle ist.

Viele Flüchtlinge überleben die gefährliche Überfahrt übers Meer nicht. 23.000 Menschen sind seit dem Jahr 2000 auf dem Seeweg von Afrika nach Europa ums Leben gekommen. Deshalb findet sich auf den Kreuzen immer wieder die Zahl 23.000.

Die Aktion ist Teil eines Projekts der Berliner Künstlergruppe "Zentrum für Politische Schönheit", die in den vergangenen Tagen mehrfach für Diskussionen gesorgt hat. Die Akvitisten wollen auf das Leid der Flüchtlinge aufmerksam machen.

In der vergangenen Woche hatte die Künstlergruppe in Berlin mehrere Flüchtlinge bestattet, deren Leichen zuvor in Italien exhumiert worden waren. Die Akvisten betonen, die Aktion sei mit den Angehörigen der Toten abgesprochen gewesen.

Am Sonntag erreichte der Protest in Berlin seinen Höhepunkt: Das "Zentrum für Politische Schönheit" hatte angekündigt, im Rahmen eines Protestzugs Flüchtlingsleichen vor das Bundeskanzleramt zu schaffen, um sie dort zu beerdigen. Aus der Politik gab es scharfe Kritik an dem Vorhaben. "Bei allem Respekt vor humanitärem Engagement: Mit solchen Aktionen werden Grenzen der Pietät überschritten", sagte etwa CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach der "Welt". Die Berliner Polizei hatte den Teilnehmern des Protestzugs verboten, Leichen mit sich zu führen, und verfügt, dass der Demonstrationszug nicht bis direkt vor das Kanzleramt ziehen durfte.

5000 Menschen schlossen sich dem Protestzug am Sonntag an. Die Veranstalter verzichteten darauf, Leichen mitzubringen - ob sie das jemals wirklich vorhatten, bleibt offen. Die leeren Särge, die einige Aktivisten durch die Berliner Straßen trugen, hatten sie vorab bei der Gerichtsmedizin vorzeigen müssen, damit sichergestellt war, dass sie wirklich leer waren.

(jco)
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