Lesung in Düsseldorf Zu Besuch in der Loge der Freimaurer

Düsseldorf · Die Freimaurer luden in ihr Logenhaus an der Uhlandstraße zur Lesung aus Dan Browns "Symbol". Ein Besuch bei einem geheimnisvollen und stillen Männerbund fürs Leben.

 Michael Meckel (l.) und Hans-Dieter Tiemann von der Freimaurer-Loge "Rose und Akazie" im Tempel. Auf dem Altar das Buch "Das verlorene Symbol" von Dan Brown. Drei Kerzen stehen für die biblische Symbolzahl drei. Der Totenschädel symbolisiert die Vergänglichkeit. Es ist ein echter Totenkopf, ein "Erbstück".

Michael Meckel (l.) und Hans-Dieter Tiemann von der Freimaurer-Loge "Rose und Akazie" im Tempel. Auf dem Altar das Buch "Das verlorene Symbol" von Dan Brown. Drei Kerzen stehen für die biblische Symbolzahl drei. Der Totenschädel symbolisiert die Vergänglichkeit. Es ist ein echter Totenkopf, ein "Erbstück".

Foto: Andreas Bretz

Ein in schwarzem Smoking mit weißer Fliege gekleideter Mann betritt den Vorraum, klopft dreimal kräftig mit einem Zeremonienstab auf den Boden, und die Gäste werden ruhig. Die Besucher betreten einen indirekt beleuchteten großen Saal, der an eine Kirche erinnert. Vorn, hinter einem Altar, sitzt ein genauso gekleideter Herr gehobenen Alters. Auf dem Altar stehen drei Kerzen, daneben liegen ein Buch und ein Totenschädel. Wir befinden uns im Tempel der Freimaurer. Das Requiem von Mozart erklingt. "Auch ein Freimaurer-Bruder", sagt leise ein Sitznachbar. Dann beginnt die Lesung. Der dunkel gekleidete Herr - er heißt Hans-Dieter Tiemann - zitiert in ruhigen Worten aus dem Buch "Das verlorene Symbol" von Dan Brown: "Das Geheimnis liegt darin, wie man stirbt. So ist es seit Anbeginn der Zeit. Der Anwärter blickte auf den menschlichen Schädel, den er in Händen hielt. Der Totenkopf war hohl wie eine Schale und gefüllt mit blutrotem Wein. ,Trink', sagte er sich. ,Du hast nichts zu befürchten'."

Einen besseren Ort für diese Lesung hätte man sich nicht ausmalen können. Das "Verlorene Symbol" spielt in Washington und thematisiert Legenden rund um die Bruderschaft der Freimaurer. Der Legende zufolge verfügen diese angeblich über ein uraltes Wissen, das seit Jahrtausenden im Inneren der Menschen verborgen liegt. Doch man muss nicht den Kontinent, nicht mal die Stadt verlassen, um auf jene mystischen Männer zu treffen. Ihr Düsseldorfer Logenhaus mit dem Freimaurer-Tempel liegt an der Uhlandstraße. Im Haus ist auch noch das Lokal "Flammkuchen-Manufaktur" untergebracht, das der uralten Villa für den Erstbesucher etwas von der Düsterkeit des Mythischen nimmt.

"Glaube, Liebe, Hoffnung"

Eigentlich sind die Freimaurer eine verschwiegene Truppe. Anlässlich des 300. Geburtstags der modernen Freimaurerei öffneten sie kürzlich ihre Tore für etwa 50 bis 70 Gäste. Verschwiegen, dass vorweg, bleiben sie dennoch. Vorab erklären sie einige Dinge, die geheimnisvoll erscheinen, aber viel von dem erzählen, was für Freimaurer wichtig ist, und das sind Symbole. "Die drei Kerzen haben vielfältige Bedeutungen. Etwa in der Bibel die Dreifaltigkeit Gottes, auch unsere Losung ,Glaube, Liebe, Hoffnung' fußt auf der Zahl drei", sagt Michael Meckel, Stuhlmeister, quasi ein Vorsitzender der Loge "Rose und Akazie", genauer gesagt, Bruder Michael Meckel. Die Freimaurer sind eine Bruderschaft. Daher ist die Anrede untereinander unabhängig vom Grad "Bruder". Und der Kopf? "Das ist ein echter Totenkopf, ein Erbstück", sagt Meckel. Wem er einmal gehörte, ist unklar. Seine Zähne deuten darauf, dass er aus alter Zeit stammt, definitiv aber war sein Besitzer kein Privatpatient. Was für Erstbesucher etwas unheimlich wirkt, ist natürlich wieder ein Symbol. "Der Totenkopf soll uns stets an die Vergänglichkeit erinnern", sagt der Stuhlmeister.

Wenn die Freimaurer im Tempel unter sich sind, beim "rituellen Arbeiten", dann sieht der Saal anders aus. Er ist dann "rituell eingerichtet". Wie genau, ist Logen-Geheimnis. Hinter dem Altar steht ein großer Holzstuhl, es könnte ein Thron sein, er erinnert an den Sessel des Baas der Düsseldorfer Jonges. Rechts und links der Altar-Bühne sind zwei weitere Stühle, auf denen Freimaurer mit besonderen Funktionen sitzen - während der Lesung genauso wie bei den der Öffentlichkeit verborgenen rituellen Arbeiten der Freimaurer.

"Die drei Verbündeten"

An vielen Stellen des Gebäudes finden sich weitere Symbole, metallene Zirkel sind oft zu sehen. Ein häufiges Motiv sind Steine, aber keine schönen eckigen, mit graden Kanten zum besseren Stapeln, sondern eher grobe Klötze, daneben oft Werkzeuge. "Um aus einem - besser seinem - unbehauenen Stein einen behauenen Stein zu machen", erklärt Volker Reifenscheid, Altstuhlmeister der Freimaurer-Loge "Die drei Verbündeten". Sind die Freimaurer nun doch nur ein Handwerkerclub? Natürlich nicht. Denn der unbehauene Stein steht für den Menschen, der sich zu einem behauenen entwickeln soll, durch Selbsterkenntnis und mit Hilfe seiner Freunde in der Loge.

Doch wie wird man Freimaurer? Zunächst besucht man einige öffentliche Veranstaltung, wie eben die Lesung. Sofern man ein Mann ist, kann man nach zehn, zwölf Besuchen einen Aufnahmeantrag stellen. Dem folgt ein Interview, dann stimmen die Brüder ab. Natürlich nicht profan, sondern mit alten Symbolen. "Wir machen eine Kugelung, ein Ritual aus dem Mittelalter. Weiße und schwarze Kugeln für Zustimmung oder Ablehnung werden in ein Gefäß gelegt. Sind es mehr weiße als schwarze, spricht man von einer ,hell leuchtenden Kugelung'", sagt Bruder Volker Reifenscheid. Der Neue ist dann ein Jahr Lehrling. Nach einem Jahr kann er Geselle, nach wieder einem Jahr Meister werden, vorausgesetzt er kommt regelmäßig zum Logentreffen. Legenden ranken sich um das Aufnahmeritual. Und bei aller gewollter Öffentlichkeit, darüber wollen die geheimen Brüder nun mal gar nichts sagen, auch nicht den Neuen. Das Geheimnis der Freimaurer? "Nein", sagt Ronaldo Brüning von der englischsprachigen Loge "Niederrhein". Nur so viel: "Es ist ein großartiges Ereignis, das man sein Leben lang nicht vergisst."

(tb.)
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