Düsseldorf Zu viel Ablenkung bei der Lesung im Club

Düsseldorf · Seit "Nie wieder arm" erschienen ist, waren Wolfgang Frings und Kai von Bargen schon an so manchem Schauplatz dieses Romans zu Gast. Frings ist der Autor, von Bargen die Hauptfigur des auf wahren Begebenheiten beruhenden Textes. Das Duo las daraus schon im Landtag, im Polizeipräsidium und im Brauhaus.

Nun sollte eine weitere Lesung hinzukommen, und weil ein Kapitel des Romans im Rotlichtmilieu an der Rethelstaße spielt, sollte die neuerliche Buchvorstellung in ebendiesem stattfinden. "Bertis Entspannungseinrichtung", wie das Bordell in "Nie wieder arm" heißt, gibt es allerdings nicht mehr. Darum wählte Wolfgang Frings einen FKK- und Saunaclub im Rather Gewerbegebiet für seine Lesung aus. Berührungsängste seien ihm fremd, sagt Frings. Solange Menschen nicht ihrer Freiheit beraubt werden, wie er betont.

Das "Oceans" versucht gerade auf Anregung des Sprühkünstlers Joe Brockerhoff, der das Bordell zuletzt mit freskoähnlicher Malerei ausgeschmückt hat, die Kulturreihe "Culture Love" zu etablieren. Gerade in einem Bordell müsse Platz geschaffen werden für Nicht-Normatives aus der Kunst, meinte Initiator Brockerhoff. Da kam Wolfgang Frings Buch offenbar gerade recht. Und so mischte sich im "Oceans" wohl zum ersten Mal ein wahrlich buntes Publikum.

Die Gäste der ausverkauften Lesung, die sicher auch aus schierer Neugier gekommen sind, staunten nicht schlecht, als sie sich unversehens inmitten des Bordellbetriebs wiederfanden. Ohne jede Scheu flanierten Herren in sandfarbenen Bademänteln und Flipflops während der Lesung vorbei.

Im Mittelpunkt der Gesellschaftssatire "Nie wieder arm" steht Kai van Bargen, Ex-Chef von "Antenne Düsseldorf" und Ex-Pressesprecher des Henkel-Konzerns, verurteilt zu einer mittlerweile verbüßten Gefängnisstrafe wegen Betrugs.

Der schillernde Stoff, der Einblicke in die feine Düsseldorfer Gesellschaft gewähren will, vermochte allerdings nicht zu zünden. Die Lesenden, offenbar durch das ungewohnte Ambiente beeindruckt, brachten ihren Auftritt eher routiniert als beseelt hinter sich. Die ungeteilte Aufmerksamkeit war dem Duo ohnehin nicht beschieden.

(RP)
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