Duisburg 31 Stunden Stille im lauten Leben

Duisburg · Der 73-jährige Horst Gärtner aus Neuenkamp hat nie Ruhe. Er wohnt in unmittelbarer Nähe der A 40 und hat gelernt, mit dem Lärm zu leben. Nun freut sich Gärtner über ein paar Stunden völlig ungewohnter Stille, die er für eine kleine Feier im Garten nutzen will.

A40 Still-Leben: Bitte Platz nehmen
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Durchschnittlich 1,157 Autos rauschen pro Sekunde am Fenster von Horst Gärtner vorbei — das sind gut 69 Pkw und Lkw in der Minute. Ein lautes Leben, das der 73-Jährige führt: Ein Leben an der A 40, einer der am stärksten befahrenen Autobahnen in Nordrhein-Westfalen.

Seit 25 Jahren lebt Gärtner in seiner Wohnung In der Rheinaue in Neuenkamp, einer der zur A40 am nächsten gelegenen Straßen überhaupt, wie er berichtet. "Es ist ein unerträglicher Lärm hier, sowohl tagsüber als auch nachts. Wenn ich mit meiner Lebensgefährtin, die bereits seit 1950 hier wohnt, im Garten sitze, dann müssen wir uns regelrecht anschreien."

"Ich freue mich schon"

Aufatmen heißt es am 18. Juli, an einem Sonntag, den Gärtner wohl als den entspanntesten Tag in seiner lauten Wohnung bezeichnen kann: Der Tag, an dem die A40 still steht. "Ich freue mich schon auf die Aktion "Still-Leben Ruhrschnellweg", dann wird endlich einmal dieser Krach aufhören", sagt er. An diesem Sonntag wird die Autobahn für den motorisierten Verkehr gesperrt und auf 60 Kilometern für Fußgänger, Radfahrer und Skater geöffnet sein, die, so hofft Gärtner, einen angenehmeren "Krach" produzieren werden. Eine Verschnaufpause, von der Horst Gärtner sonst nur träumen kann. "Die Leute, die in der Nähe eines Flugplatzes leben, beschweren sich über landende und startende Flugzeuge alle paar Minuten. Bei uns ist der Lärm konstant, wir haben nie Ruhe."

Schöne Umgebung

Doch wie konnten es die beiden so lange dort aushalten? "Die Umgebung ist einfach sehr schön, nur die Lautstärke der Autobahn eben nicht." Gerade jetzt im Sommer sei es besonders schlimm, wenn nachts das Fenster offen steht, damit kühle Luft ins Schlafzimmer kommt. "Man hat sich ja auch irgendwie daran gewöhnt", gesteht er lachend ein. Und überhaupt hat Gärtner gelernt, die ungeliebte Geräuschkulisse mit Humor zu nehmen. "Ich bin ein bisschen schwerhörig und trage ein Hörgerät. Wenn es mir mal zu viel wird, dann schalte ich es einfach aus, dann ist Ruhe."

Am Tag der Aktion "Still-Leben Ruhrschnellweg" nutzt er die Gunst der Stunde und greift die Gelegenheit, einen lärmfreien Tag im Garten zu verbringen, beim Schopfe: "Das wird herrlich. Wir haben geplant, eine Gartenfete zu geben. Dank der Ruhe wird das ein sehr guter Tag."

(RP)
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