Schrottimmobilien in Duisburg geräumt 82 Mieter, acht Wohnungen und jede Menge Müll

Zwei Schrottimmobilien in Duisburg-Marxloh wurden am Mittwoch geräumt. Überbelegung, mangelnde Hygiene und Brandschutz waren die Gründe. Die Wohnungen waren in einem katastrophalen Zustand. Eine Reportage von vor Ort.

Duisburg: Zwei Schrottimmobilien in Marxloh geräumt
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Foto: Zoltan Leskovar

Der Fußboden ist noch feucht, als die Männer vom Ordnungsamt die heruntergekommene Zweizimmerwohnung betreten. Auch die Flure scheinen notdürftig aufgeräumt, vor einigen Haustüren stehen Müllbeutel. "Die Aktion scheint sich rumgesprochen zu haben", sagt Rechtsdezernentin Daniela Lesmeister.

Von einem ordentlichen Wohnumfeld kann in dem Acht-Parteien-Haus an der Hagedornstraße in Marxloh trotzdem nicht die Rede sein. Überall liegen Zigarettenkippen, die Wände sind beschmiert, der Geruch erinnert an den eines nassen Hundes. Die Keller sind voll mit toten Ratten, Bergen von Müll und ausrangierten Möbelstücken. Der eine oder andere Bewohner hat die dunkle Ortschaft unstrittig genutzt, um dort sein Geschäft zu verrichten. Die Wohnungen sind notdürftig eingerichtet mit Betten und Sofas, einen Flachbildschirm gibt es allerdings auch. In einer Wohnung zeigt ein Mann stolz, wie er seinen Fernseher ans Laufen bringt: mit einer Autobatterie. Ist Strom vorhanden, wird er "schwarz" bezogen, in gefährlicher Eigenregie am Zähler vorbei gebastelt.

Spaziergang in Duisburg-Marxloh
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Foto: Christoph Reichwein

Kontrolle am Mittwochmorgen

Feuerwehr, TÜV, Ordnungsamt, Polizei, Jobcenter und auch die Steuerfahndung sind am Mittwochmorgen um neun Uhr angerückt, um das rumänisch bewohnte Haus unter die Lupe zu nehmen. Ist der Brandschutz eingehalten? Wie viele Personen sind gemeldet? Wie viele Menschen erhalten Leistungen vom Amt? Wie ist der bauliche Zustand des Gebäudes? All diese Fragen gilt es zu beantworten und entsprechend darauf zu reagieren.

Es ist eine Routine-Situation für die meisten hier, das spürt man. Unaufgeregt und ruhig geht jeder Sachverständige seiner Tätigkeit nach. Zwei Dolmetscherinnen übersetzen, die Beamten des Ordnungsamtes und der Polizei warten geduldig, bis die zeternden Bewohner verstanden haben, worum es geht. Einfach ist das nicht. Angebliche Unwissenheit über Mietverträge oder Ausweisdokumente kosten Zeit und Nerven. "Den Mietvertrag hat ihr Mann und der ist nicht da", übersetzt die Dolmetscherin die Angaben einer Bewohnerin. Klar wird nur, dass der Vermieter, oder in diesem Fall der Immobilienverwalter, die Miete in Bar kassiert.

Wohnungsräumung in Duisburg-Hochfeld
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Wohnungsräumung in Duisburg-Hochfeld

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Foto: Christoph Reichwein

Der erscheint auch kurze Zeit später, als die Einsatzkräfte bereits zur nächsten Schrottimmobilie weitergezogen sind. Von Miete kassieren will er allerdings nichts wissen. "Die zahlen gar nicht. Der Eigentümer, der in Dortmund wohnt, muss monatlich 20.000 Euro an Nebenkosten zahlen, er ist existenziell am Ende", sagt der Verwalter, der seinen Namen nicht nennen möchte. Er habe die Aufgabe aus Mitleid übernommen. Gewinn gebe es nicht. Lesmeister weist ihn darauf hin, dass der Eigentümer in der Pflicht steht, die Wohnungen in einen ordentlichen Zustand zu bringen.

Daraufhin entgegnet der Verwalter, der Eigentümer habe kein Geld und sehe auch nicht ein, die Wohnungen herzurichten, wenn die Mieter diese wieder zerstören und obendrein keine Miete zahlen würden. Anhand einiger Dokumente können Mitarbeiter der Stadt Mittwoch aber an Ort und Stelle nachweisen, dass noch am 4. November Zahlungen an den Verwalter getätigt wurden.

Und das dürfte am Ende nicht wenig sein — es stellt sich heraus, dass 82 Menschen für die acht Wohnungen gemeldet sind, da kommt einiges an Miete zusammen. "Das muss man sich mal vorstellen, wie viel Quadratmeter das für jeden einzelnen zum leben sind", sagt Lesmeister. Wie viele Menschen tatsächlich in den Wohnungen leben, ist schwierig nachzuvollziehen. In einer früheren Räumung habe ein Bewohner erzählt, dass der Eigentümer gerade in Rumänien sei, "Frischfleisch" holen, wie er es genannt haben soll.

Oft werden die Bewohner angekarrt, einquartiert, abkassiert und abserviert. Dennoch, gemeldet sind 82, zu viele, um sie im Falle eines Brandes zeitig retten zu können. Auch entspricht das Gebäude nicht den brandschutztechnischen Vorschriften. "Die Türen sind nicht dicht abschließbar und Fensterelemente sind herausgeschlagen.

Wenn es brennt, kann sich das Feuer schnell im ganzen Haus ausbreiten", erklärt Jörg Theilenberg von der Feuerwehr. Hinzu kommen die erheblichen hygienischen Mängel, die die Immobilie unbewohnbar machen. Das Haus muss geräumt werden, der Eigentümer dafür sorgen, dass die Bewohner woanders unterkommen.

Und wieder: jede Menge Müll

Auch das zweite Haus, das an diesem Tag inspiziert wird, wird als unbewohnbar erklärt. Ein Überbelegungsproblem gibt es hier zwar nicht — nur zehn Menschen sind dort an der Henriettenstraße gemeldet — aber auch hier erhebliche brandschutztechnische sowie extreme hygienische Mängel. Und wieder: jede Menge Müll. Die Abstellkammern sind vollgestopft mit alten Matratzen, Schuhen und Schrott. So sieht auch der Keller aus. Ein deutscher Reisepass liegt dort auf dem Boden, die Polizei wird nun herausfinden, wo er herkommt und hingehört. Fündig werden die Polizeibeamten auch im Haus an der Hagedornstraße. Hier können sie einen jungen Mann festnehmen, gegen den ein Haftbefehl vorliegt. Ein jugendlicher Intensivtäter befindet sich ebenfalls in einer der Wohnungen.

Und wie geht es weiter mit den Häusern? "Die Eigentümer bekommen eine Ordnungsverfügung. Sie müssen Konzepte zur Abstellung brandschutztechnischer und hygienischer Mängel vorlegen, genau so wie ein Belegungskonzept", erklärt Lesmeister. "Mit diesem Konzept durchbrechen wir die Strukturen." So lange wie die Konzepte nicht vorliegen, bleibt das Haus versiegelt, Einnahmen fließen so keine mehr. Ein Eigentümer einer vorangegangenen Räumung habe bereits signalisiert, so Lesmeister, er wolle zukünftig nicht mehr vermieten.

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