Duisburg Akzente: Der Körper als Heimat

Duisburg · Das neue Stück "Land Akupunktur" des Duisburger "Kaiser Antonino Dance Ensembles" will (Denk-)Blockaden lösen und alles wieder in einen (Gefühls-)Fluss bringen.

 Den menschlichen Körper in Analogie zur natürlichen Landschaft setzen, dieser Kerngedanke war sinnstiftend für die neue choreografische Arbeit.

Den menschlichen Körper in Analogie zur natürlichen Landschaft setzen, dieser Kerngedanke war sinnstiftend für die neue choreografische Arbeit.

Foto: privat

Natur und Umwelt sind seit Jahren die bestimmenden Themen des Duisburger "Kaiser Antonino Dance Ensembles": "Too Many Trees" und "Wald Variationen", "Non Place" und "Protected Zone" hießen beispielsweise einige der jüngeren Stücktitel. Für die am 6. März beginnenden 36. Duisburger Akzente haben die beiden Tänzer und Choreografen Avi Kaiser und Sergio Antonino ein neues Tanzstück entwickelt, das sie "Land Akupunktur" nennen. Premiere ist am 7. März im "Sissy Lala", einem "Showroom" auf der Beekstraße.

"Als Heimat", sagt Kaiser, "wird häufig nur der Geburts- oder Wohnort eines Menschen verstanden. Dabei ist Heimat doch weit mehr! Ein Baum besteht doch auch nicht nur aus Wurzeln, sondern einem Stamm und Ästen, Blättern oder Nadeln." Heimat sei nach seiner Interpretation etwas, was man sich erobert. Als Künstler sei er ohnehin ein Weltbürger. Insofern verstehen sich der in Tel Aviv geborene Avi Kaiser wie sein italienischer Lebens- und Tanzpartner Sergio Antonino als Kosmopolit. Antonino: "Heimat ist nach meinem Dafürhalten eher ein metaphysischer Ort, denn ein konkreter. Heimat ist Humus. Heimat ist also der Nährboden, wo sich Kunst entwickeln und entfalten kann." Für ihn als Tänzer sei sein Körper seine Heimat. "Ich bin der Ort, in dem ich bin."

Den menschlichen Körper in Analogie zur natürlichen Landschaft setzen, dieser Kerngedanke war sinnstiftend für ihre neue choreografische Arbeit. "Blockaden auflösen und die Energie im Fluss halten": Dieser Appell wurde zu ihrem Motto und führte sie schnurstracks zur Akupunktur, erläutern sie das Zustandekommen und die Herkunft ihres Stücktitels "Land Akupunktur". Akupunktur stammt aus dem Lateinischen und kommt von "acus" (Nadel) und "punctio" (das Stechen). Sie ist ein Teilgebiet der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) und geht von der Lebensenergie des Körpers (Qi) aus, die auf definierten Leitbahnen, sogenannten Meridianen, zirkuliert und einen steuernden Einfluss auf alle Körperfunktionen hat. Ein gestörter Energiefluss wird für Erkrankungen verantwortlich gemacht. Durch Stiche in auf den Meridianen liegende Akupunktur-Punkte soll die Störung im Fluss des Qi behoben werden, heißt es dazu erläuternd im medizinischen Wörterbuch.

"Übertragen auf unsere neue Choreografie bedeutet das", so Kaiser, "dass unser Tanzstück etwas auf den Punkt bringen will, um (Denk)Blockaden zu lösen und alles wieder in einen (Gefühls)Fluss zu bringen."

Neben Kaiser und Antonino werden die italienische Tänzerin Valentina Moar, die bereits in "Too Many Trees" mitgewirkt hat, und der Japaner Lihito Kamiya, den man in "Protected Zone" hat sehen können, auftreten. "Als Metapher des Fließens einer Landschaft", beschreibt Kaiser die neue Inszenierung, "wird das Publikum einen elektronischen Klangteppich wahrnehmen, der sich aus Kompositionen von Oren Ambarchi, Benjamin Lew, Steven Brown und der Band "Radian" zusammensetzt." Die Sopranistin Janine Roeder und der Klarinettist Robert Beck werden das Ihrige musikalisch dazu beitragen. Die Stage- und Sound-Verantwortung liegt erneut beim Bochumer Medienkünstler Wolfram Lakuszus.

Zusätzlich und zeitgleich zur Tanzproduktion präsentiert sich auf der gegenüberliegenden Straßenseite im Erdgeschoss des Diakoniewerks eine Fotoausstellung von acht israelischen Fotografen. Eingeladen vom aus Tel Aviv stammenden Kurator Doron Polak werden diese in Gestalt von Fotografien ihren ganz persönlichen Beitrag zur Betrachtung Duisburgs leisten. Tanz und Ausstellung sind nicht nur Teil der diesjährigen Duisburger Akzente (6.-22.3.), sondern gehören auch zum Programm der Jüdischen Kulturtage Rheinland (22.2.-22.3.) und wurden (mit)gefördert vom NRW-Kulturministerium und der israelischen Botschaft in Berlin.

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