Duisburg Alice Schwarzer stellt ihre algerische Familie vor

Duisburg · Die bekannte Publizistin las in der Zentralbibliothek aus ihrem druckfrischen Buch, das Einblicke in die islamische Welt gibt.

 Alice Schwarzer stellte am Freitagabend auf Einladung des Vereins für Literatur Duisburg ihr am Tag zuvor erschienenes Buch vor.

Alice Schwarzer stellte am Freitagabend auf Einladung des Vereins für Literatur Duisburg ihr am Tag zuvor erschienenes Buch vor.

Foto: andreas probst

83 Prozent der Deutschen kennen Alice Schwarzer. Und doch kann diese Publizistin immer wieder die Öffentlichkeit überraschen. In diesem Sinne stellte Petra Dobler-Wahl ihren Gast in der Zentralbibliothek vor. Dort las Alice Schwarzer zuletzt 2012 aus ihrem "Lebenslauf". Im Jahr 2010 referierte die zigfache Buchautorin und Herausgeberin der Zeitschrift "Emma" als Mercator-Professorin an der Universität Duisburg-Essen. Sie sei gerne nach Duisburg gekommen, sagte sie zu Beginn der kurzfristig organisierten Veranstaltung, die der Verein für Literatur Duisburg möglich gemacht hatte. Der Freitagabend war eine besonders bemerkenswerte Begegnung mit der Autorin Alice Schwarzer, denn das Buch, das sie vorstellte, war erst am Tag zuvor auf den Büchermarkt gekommen.

Eine "Überraschung" war bei dieser Buchpräsentation nicht so sehr das Thema, sondern die Art und Weise, wie die Person Alice Schwarzer damit verbunden ist. Da muss man auf die lange Vorgeschichte blicken: Seit vielen Jahren beschäftigt sich Alice Schwarzer mit dem Islamismus. Lange bevor der IS als allgemeine Bedrohung gesehen wurde, hatte sie vor dem instrumentalisierten Islam gewarnt. Da wurde gegen sie auch schon mal der Vorwurf geäußert, dass sie auf einer "anti-islamischen Welle" reite.

Auf diesen nach wie vor geäußerten Vorwurf ging Alice Schwarzer beim Abend in der Zentralbibliothek gleich zu Anfang ein. Um "Pflöcke gegen Missverständnisse" zu setzen, sagte sie unmissverständlich: "Ich habe mich und ich werde mich nie über den Islam äußern." Sie wende sich lediglich gegen den "politischen Islam". Und der richte sich, wie sie später ausführte, in erster Linie gegen Muslime, die ihren Glauben ganz normal leben. "Religion ist Privatsache", sagte Schwarzer. Und deshalb wolle sie auch nicht sagen, wie sie es mit ihr halte.

Nach dieser Einführung setzte sie sich und las aus ihrem Buch "Meine algerische Familie". Da schildert sie ihre jahrzehntelange Freundschaft zur algerischen Journalistin Djamila, die sie 1989 bei einem Seminar in Tunis kennengelernt hatte. Bald darauf lernte Alice Schwarzer auch Djamilas Familie kennen, die aus Eltern, Tanten, Nichten, Neffen und Cousins und Cousinen besteht.

Das Buch beginnt humorvoll mit der Schilderung einer Hochzeitsfeier, auf die Alice Schwarzer bei ihrem Besuch überhaupt nicht vorbereitet war. Sie hatte für die Reise nämlich nur ein schönes Kleid eingepackt. Dabei ist es bei algerischen Hochzeitsfeiern üblich, dass die Braut und die weiblichen Gäste ihre Kleider im Laufe der Hochzeitsfeier mehrmals wechseln. Als Alice Schwarzer sich wegen ihres Formfehlers schämt, wird sie wunderschön getröstet: "Alice, macht nichts. Jeder weiß doch, dass du Ausländerin bist. Es ist ja nicht deine Schuld, dass du keine Ahnung hast."

Das ganze Buch ist eine persönliche Reportage, die gleichwohl weite Kreise zieht, weil sich in der algerischen Familie, mit der Alice Schwarzer freundschaftlich verbunden ist, die Widersprüche und Herausforderungen des flächenmäßig größtes Landes Afrikas widerspiegeln. Immer wieder bezeichnet Alice Schwarzer Algerien als "Schlüsselland" an der Schwelle von Afrika und Europa. "Wenn Algerien kippt, wird das kaum abschätzbare negative Folgen auch für uns hier haben", warnt sie. Algerien sei zurzeit ein Land im Umbruch. "Wir müssen uns viel mehr als bis jetzt damit beschäftigen", so Alice Schwarzer, die beklagt, dass nicht ein einziger deutscher Korrespondent in Algerien arbeitet. Noch eins sagte sie: "In Algerien kann man genauso sicher über die Straßen gehen wie hier."

(pk)
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