Marxlohs Merkel-Tag An vielen Ecken sah es aus wie immer

Duisburg · Während etliche Bürger an den Absperrungen vor dem Hotel Montan auf Angela Merkel warteten, war an anderen Stellen im Stadtteil vom Kanzlerinnenbesuch nichts zu spüren. Herausgeputzt worden war der Stadtteil nicht.

 Einige hundert Marxloher warteten vor den Absperrungen darauf, dass die Bundeskanzlerin aus dem Wagen steigt und freuten sich, dass sie zumindest einigen von ihnen die Hand gab, bevor sie im Hotel Montan verschwand.

Einige hundert Marxloher warteten vor den Absperrungen darauf, dass die Bundeskanzlerin aus dem Wagen steigt und freuten sich, dass sie zumindest einigen von ihnen die Hand gab, bevor sie im Hotel Montan verschwand.

Foto: RP-Fotos (2) Andreas Probst

Es ist auf den ersten Blick ein Tag in Marxloh wie jeder andere - nichts scheint auf den Merkel-Besuch hinzudeuten. Die Einschuss-Löcher in der Vitrine eines Brautmoden-Geschäfts sind mit Panzer-Tape notdürftig geklebt, und auch zwischen den Plakaten für türkische Tanzpartys ist kein Hinweis auf den Besuch der Bundeskanzlerin zu lesen.

 Kamerateams (links) und Bürger säumten die Straße in einem abgesperrten Bereich, als die Limousinen vorfuhren. Viele waren gekommen, um die Kanzlerin einmal aus der Nähe sehen zu können.

Kamerateams (links) und Bürger säumten die Straße in einem abgesperrten Bereich, als die Limousinen vorfuhren. Viele waren gekommen, um die Kanzlerin einmal aus der Nähe sehen zu können.

Foto: RP-Fotos (2) Andreas Probst

Erst hinter der Haltestelle "Wolfstraße" ist an einer Hauswand doch ein Plakat zu sehen, das den Besuch zum Thema macht. Darauf zu sehen ist eine Karikatur von Angela Merkel mit Pistole, darüber die Aufschrift "There is no alternative" (auf Deutsch: "Es gibt keine Alternative"). Kritik an schnellen Entscheidungen, Kompromisslosigkeit oder Durchsetzungskraft? Die genaue Botschaft bleibt wohl ein Geheimnis des Künstlers.

Das Haus mit dem Plakat befindet sich rund fünf Minuten Fußmarsch vom "Hotel Montan" entfernt, wo sich die Kanzlerin mit Bürgern der Stadt trifft. Wer sich von der Hauptstraße etwas entfernt und sich auf einen Ausflug in die Seitengassen von Marxloh einlässt, kommt recht schnell an die Absperrungen vor dem Gebäude, die von Polizeikräften bewacht sind. Davor haben sich viele Menschen versammelt - die meisten tragen allerdings Anzug und Krawatte, haben einen Presseausweis an der Brust oder eine Kamera auf der Schulter.

 Den falsch geschriebenen Straßennamen auf dem Schild vor dem Hotel sah Angela Merkel vermutlich nicht.

Den falsch geschriebenen Straßennamen auf dem Schild vor dem Hotel sah Angela Merkel vermutlich nicht.

Foto: Probst, Andreas (apr)

An den Absperrungen der Zufahrtswege von der Hauptstraße aus kommt es immer wieder zu Diskussionen zwischen den Polizisten und den Autofahrern. Oft scheinen die Fahrer nur langsam Verständnis aufzubringen, wenn die Polizisten die Einfahrt verweigern. Im Minutentakt fahren auf allen Straßen Polizei-Busse. Eigentlich kein seltenes Bild in Marxloh, doch heute sind es noch mehr Einsatzfahrzeuge als an gewöhnlichen Tagen. Trotzdem schaut keiner der Gäste am Hähnchengrill oder der Dönerbude hin, wenn die Polizei vorbeifährt. Die blau-silbernen und weiß-grünen Autos sind wohl zu oft Teil des Stadtbilds.

Genau wie ein riesiger Berg Sperrmüll auf dem Weg zum "Hotel Montan". Kinder fahren lachend Fahrrad zwischen alten Betten, Sofas und Waschbecken. Zwei Häuser weiter ein Kiosk, an dem eine kleine Gruppe Menschen sich versammelt hat und vor den Absperrungen steht. Auf dem Weg zum Hotel ist es schwer zu beschreiben, was in der Luft liegt - es riecht zumindest sehr unangenehm. Zwischen den tristen, grauen Fassaden türmen sich an manchen Ecken Müllbeutel. Der Stadtteil ist wirklich nicht in Festtags-Laune oder herausgeputzt.

Anstatt sich vor den Hoteleingang zu stellen, gehen manche Anwohner zu den Polizisten und unterhalten sich - mit vielen Gesten und manchmal etwas lauterer Stimme. Andere beobachten das Treiben auf der Kreuzung vor dem Hotel aus sicherer Distanz - die Ellbogen auf der Fensterbank abgestützt. Vielleicht ist es ja auch besser, der Kanzlerin kein Märchen aus Marxloh zu liefern.

Zwar sind die Erwartungen an den Besuch der Kanzlerin eher gering - doch vielleicht lohnt es sich, mal eine Momentaufnahme aus dem Stadtteil zu zeigen: Mit überfüllten Straßenbahnen, in denen manche Fahrgäste weiterpaffen - trotz Rauchverbots. Mit einer Einkaufszone, wo Einschüsse im Schaufenster mit einem Brett oder einem Streifen Klebeband verdeckt werden. Mit Einwohnern, die mittags beim Bummel-Spaziergang ein frisches Bier in der Hand und einen struppigen Hund an der Leine haben.

(RP)
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