Duisburg Anregender Ruf aus dem Norden

Duisburg · Höhepunkt im Philharmonischen Konzert im Theater am Marientor war die Sinfonie Nr. 3 "Sinfonia espansiva" des dänischen Meisters Carl Nielsen. Solist im Cellokonzert von Édouard Lalo war der Star-Cellist Lynn Harrell.

 Der amerikanische Star-Cellist Lynn Harrell verband souverän großen Ton und strukturelle Klarheit.

Der amerikanische Star-Cellist Lynn Harrell verband souverän großen Ton und strukturelle Klarheit.

Foto: sabine smolnik (Duisburger Philharmoniker)

Das jüngste, vierte Philharmonische Konzert im Theater am Marientor (TaM) war jetzt schon eines der besten der laufenden Saison 2013/2014. Generalmusikdirektor Giordano Bellincampi hatte die Duisburger Philharmoniker besonders gründlich, stilbewusst und lebhaft vorbereitet, das Orchester gab insgesamt sein Bestes.

Da war zunächst die Sinfonie A-Dur KV 201 (186a) von Wolfgang Amadeus Mozart, eine der ersten Meistersinfonien des großen Salzburgers. Der Komponist hatte 1774, also mit 18 Jahren, sein sinfonisches Schaffen zahlenmäßig bereits zu rund drei Vierteln vorgelegt. Dass dieses Stück formal und klanglich äußerst geistvoll ist, bewies die ebenso konzentrierte wie witzige Duisburger Aufführung — auch wenn die Hörner hier noch nicht ganz wach waren.

Solist im erzromantischen Konzert für Violoncello und Orchester d-Moll - komponiert 1876 und uraufgeführt 1877 - von dem Franzosen Édouard Lalo war der 1944 geborene amerikanische Star-Cellist Lynn Harrell. Er verband souverän großen Ton und strukturelle Klarheit, unendliche Melodie und folkloristisch angehauchte Rhythmen. Die Duisburger Philharmoniker unterlegten ihm ein aufmerksames Klanggerüst. Ungewöhnlich, aber willkommen und erfreulich wirkte Harrells Zugabe, eine Solobearbeitung der Nocturne op. 9 Nr. 2 von Frédéric Chopin.

Das eigentliche Ereignis kam freilich erst nach der Pause, nämlich die Sinfonie Nr. 3 op. 27 "Sinfonia espansiva" (1910/11), das Durchbruchswerk des dänischen Meisters Carl Nielsen. Bei der Deutschen Erstaufführung vor 100 Jahren in Stuttgart unter der Leitung des Komponisten wurde es begrüßt als "ein mächtig anregender Ruf aus dem Norden". Nielsen wollte darin nach eigenen Worten "die Erweiterung des Gesichtskreises und die Expansion von Leben, die daher rührt". Das Neue dabei: "Ich protestiere gegen das typisch dänische sanfte Dahingleiten. Ich will kräftigere Rhythmen". Der Kopfsatz entwickelt sich dann auch unter anderem zu einem Walzer. Und so wurde der tiefere Sinn des Abends deutlich, die Verbindung von kräftigen Akkordschlägen und einfallsreichen Melismen: drei Werke mit selbstbewusstem Nachdruck. Der langsame zweite Satz "Andante pastorale", der auch bei Nielsens Beisetzung 1931 im Kopenhagener Dom erklang, bringt als zusätzliche "Instrumente" zwei Singstimmen mit textlosen Vokalisen. Im TaM profilierten sich hier zwei junge, in Rumänien geborene Mitglieder des Opernstudios der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf/Duisburg, Luiza Fatyol (Sopran) und Attila Fodre (Bariton).

Sie fügten sich ein in eine außergewöhnlich geschlossene und kraftvolle Aufführung. Die Duisburger Philharmoniker entfalteten unter dem in Dänemark aufgewachsenen Bellincampi ungeahnte Energien. Für ihre enorme Klangpracht in der finalen "Hymne an die Arbeit und die gesunde Freude am Alltag" wurden sie vom Publikum gefeiert.

(hod)
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