Duisburg Asylbewerber: Die Stadt lebt von der Hand in den Mund

Duisburg · Das neue Jahr hatte mit Problemen begonnen, die große Zahl der zugewiesenen Asylbewerber unterzubringen. Und das erste Quartal endet mit dem gleichen Problem. "Wir leben jeden Tag von der Hand in den Mund", sagt Stadtdirektor Reinhold Spaniel. Die Zahl der zur Verfügung stehenden Unterkünfte reiche meist gerade noch so aus. "Es gab in den zurückliegenden Monaten einige Tage, an denen wir kein freies Bett mehr hatten." Hätten da noch zwei weitere Busse mit Bewerbern vor dem Sozialamt gestanden, "wir wären in arge Not geraten."

Duisburg: Asylbewerber: Die Stadt lebt von der Hand in den Mund
Foto: Probst, Andreas

Vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung in diesem Jahr mit 350 000 Asylbewerbern rechnet, andere Experten hingegen von 500 000 ausgehen, "habe ich Sorge, dass so eine Notlage verschärft künftig häufiger entsteht". Immer wieder hatte er betont, dass in so einem Fall auch über die Unterbringung in provisorisch hergerichteten Turnhallen nachgedacht werden muss. Das hält er allerdings schon allein aus menschlichen Gründen für unzumutbar und will das Entstehen einer solchen Situation auch mit aller Kraft vermeiden.

Seit Jahresanfang hat Duisburg schon 530 Menschen aufgenommen, die hier um Asyl gebeten haben. Mit 17,1 Prozent war der Anteil der Serben der größte. Aus Syrien kamen bislang rund acht Prozent der Flüchtlinge, aus Albanien 7,6 Prozent, aus Mazedonien 7,4, aus Russland 7,0 und aus dem Kosovo 5,6 Prozent. Der weitaus größte Teil der Menschen stammt aus afrikanischen Ländern sowie Krisengebieten auf dem asiatischen Kontinent. "Darunter sind viele Familien, die eine traumatisierende Flucht hinter sich haben", weiß Reinhold Spaniel. "Wir bringen diese Leute am liebsten zunächst in Sammelunterkünften unter." Dort träfen sie auf Menschen, die ähnlich schwere Schicksale hinter sich haben und oft auch die gleiche Sprache sprechen. "Wenn sich die Asylbewerber eingelebt und mit der deutschen Mentalität etwas vertraut gemacht haben, versuchen wir, für sie geeignete Wohnungen zu finden." Sie müssten beispielsweise erst lernen, wieman Geld am Automaten abhebt, Busse und Bahnen benutzt, wie man hier einkauft, kocht und lebt.

Wielange er nach diesem Unterbringungsprinzip noch verfahren werden kann, das hängt entscheidend davon ab, wie viele Flüchtlinge in den kommenden Monaten Duisburg zugewiesen werden. "Wir rechrechnen mit bis zu bis 3500", so Spaniel. Dafür müssten dann aber weitere Sammelunterkünfte eingerichtet werden. Und wo? "Wenn wir 30 Standorte prüfen, bleiben zum Schluss vielleicht zwei geeignete über", so der Stadtdirektor. "So lange wir uns nicht entschieden haben, werde ich auch keine Ortsnamen nennen." Verständlich: Denn kaum wird ein Name bekannt, mehren sich die Proteste von Anwohnern. "Wir informieren darum erst, wenn wir uns sicher sind, dass wir dort eine Unterkunft haben wollen." Weil der Unterbringungsdruck so hoch ist, "müssen wir zügig handeln können". Im Vorfeld alle politischen Gremien um deren Zustimmung zu bitten, das funktioniere darum nicht wie gewünscht. Wichtig ist es dem Sozialdezernenten aber, die Bürger in betroffenen Gebieten zu unterrichten. Mehrfach hat Spaniel das schon getan und viel Prügel bekommen. "Ich gehe nicht dahin, um gelobt zu werden, sondern meine Aufgabe ist es, die Asylbewerber unterzubringen. Meine Erfahrung ist, dass man mit einem für die Bürger transparenten Verfahren zumindest etwas Verständnis findet."

Dass die Asylbewerberunterbringung und Betreuung die Stadtkasse stark belastet, ist bekannt. Spaniel hofft nach wie vor darauf, dass sich der Bund dazu durchringt, die Kosten komplett zu übernehmen, "denn das ist schließlich keine kommunale, sondern eine nationale Aufgabe". Dass sich Nordrhein-Westfalen gerade mal mit rund einem Viertel an den Kosten beteiligt, andere Bundesländer wie Bayern 100 Prozent übernehmen, "das wünsche ich mir hier auch".

(RP)
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