Duisburg Ausgelassener Nelkensamstagszug

Duisburg · 120.000 Zuschauer, 59 Gruppen, 30 Motivwagen und viele Spielmannszüge - der Nelkensamstagszug war ein Fest. Unter dem Motto: "Wenn nicht jetzt - wann dann?" feierten die Karnevalisten ausgelassen.

 Das Prinzenpaar in Aktion: Jenny I. und Klaus II. Saalfeld warfen der jubelnden Menge Kamelle zu.

Das Prinzenpaar in Aktion: Jenny I. und Klaus II. Saalfeld warfen der jubelnden Menge Kamelle zu.

Foto: Klaus Dieker

Es ist kalt und windig, das Thermometer zeigt höchstens acht Grad an, doch das stört die ehemalige Karnevalsprinzessin Sabine Jamkowiak aus Moers und ihre 23-köpfige Gruppe nicht. Sie stehen in Erdbeerkostümen, als Prinz oder Monster verkleidet, an der Ecke Seminarstraße/Wilhelm-Schroeder-Straße, warten auf den Zug, und tanzen zur Musik aus ihrer kleinen Anlage im Bollerwagen. "Wir jubeln heute dem neuen Prinzenpaar zu und feiern die schönste Zeit im Jahr", ruft Jamkowiak.

Die Polizei zieht nach dem Nelkensamstagszug in Moers eine positive Bilanz. Das verschärfte Sicherheitskonzept mit LKW-Sperren an den Einfahrtsstraßen habe funktioniert und der Nelkensamstagszug sei friedlich verlaufen, berichteten die Beamten. Kleinere Einsätze blieben jedoch nicht aus: 22 Feiernde wurden im Laufe des Nelkensamstagszuges in Polizeigewahrsam genommen. Drei Festnahmen waren nötig, 31 Strafanzeigen wurden gestellt, unter anderem wegen Körperverletzungsdelikten oder Verstößen gegen das Waffengesetz oder Betäubungsmittelgesetz. Der Rettungsdienst rückte 49 Mal aus. Hans Kitzhofer, Präsident des Kulturausschusses Grafschafter Karneval (KGK), lobte die Zusammenarbeit von Stadt und Polizei. "Das Sicherheitskonzept hat funktioniert. Dafür möchte ich mich im Namen des KGK bedanken."

 Gut abgesichert: Die LKW-Sperren sollten Anschläge wie auf dem Berliner Weihnachtsmarkt verhindern. Der Zug verlief entsprechend friedlich.

Gut abgesichert: Die LKW-Sperren sollten Anschläge wie auf dem Berliner Weihnachtsmarkt verhindern. Der Zug verlief entsprechend friedlich.

Foto: Dieker Klaus

Bei der Unfallhilfestelle des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) auf dem Friedrich-Ebert-Platz wurden 45 Besucher ambulant behandelt - in den meisten Fällen wegen übermäßigen Alkoholkonsums. Viele junge Leute, die den Friedrich-Ebert-Platz als Feiermeile nutzten, funktionierten den Garten des Knappschafts-Gebäude kurzerhand in eine Toilette um. Ein Zuschauer aus Moers kritisierte, dass das Ordnungsamt hier nicht eingreife. Hans Kitzhofer war der Missstand ebenfalls aufgefallen. "Wir werden das in der Nachbesprechung mit Stadt und Polizei sicherlich zum Thema machen", sagte er nach dem Zug.

Neben den Ereignissen auf dem Friedrich-Ebert-Platz ist auch das neue Sicherheitskonzept Thema bei den Zuschauern. "Natürlich geht die Sicherheit auf einem Karnevalszug vor, doch die Sperren finde ich ein wenig überzogen", sagt Sabine Jamkowiak, die in der Session 2014/15 mit ihrem Begleiter Marcus Dorok das Prinzenpaar des Grafschafter Karneval bildete. "Ich werde ohne Angst feiern und auch wenn etwas passieren würde, würde ich immer wieder zu Karnevalszügen gehen. Das ist ein Brauchtum, den ich nicht missen möchte."

 Die Zuschauer am Wegrand hatten viel Spaß.

Die Zuschauer am Wegrand hatten viel Spaß.

Foto: Dieker Klaus

Eine Mutter aus Duisburg-Rumeln, die in der Nähe der feiernden Gruppe mit ihrem Mann und drei Kindern auf den Zug wartet, sieht das anders. "Mir machen die vielen Anschläge in der letzten Zeit Sorgen", erzählt sie. "Ich finde es gut, dass die Stadt die LKW-Sperren organisiert hat. Ich bin Mutter von drei Kindern und möchte nicht, dass ihnen etwas passiert." Einige Meter entfernt warten Maryanne und Björn Ritter mit ihren Zwillingstöchtern Alicia und Tiara (beide 6) auf den Karnevalszug. "Man kann schließlich nicht alles absperren. Und es gibt mehr Möglichkeiten als mit einem Fahrzeug in die Menge zu fahren", meint Björn Ritter. Seine Frau legt den Kopf schief. "Ja, hundertprozentigen Schutz gibt es leider nicht", sagt sie nachdenklich.

Als die 30 bunt geschmückten Wagen und die 59 Fußgruppen am Friedrich-Ebert-Platz vorbeiziehen, sind es vor allem die Kinder und deren Eltern, die den Karnevals vereinen ein kräftiges "Helau!" zurufen und sich eilig nach den Süßigkeiten bücken. Die Menge ist begeistert von den fantasievoll geschmückten Wagen, besonders von dem burgähnlichen Gefährt des Elferrat Sankt Marien aus Hochstraß. Efeu rankt sich um die grauen "Mauern" und ein aufgeklebter Ritter in Rüstung schaut auf die Menschen herab. Der Wagen der Karnevalsgesellschaft Fidelio dagegen lässt mit Spinnen, Totenköpfen und Geistern eine gruselige Stimmung aufkommen.

 Die Tanzgarden der Moerser Karnevalsvereine liefen als Fußgruppen mit.

Die Tanzgarden der Moerser Karnevalsvereine liefen als Fußgruppen mit.

Foto: Dieker Klaus

Plötzlich fällt, inmitten der Zuschauer, eine Frau in einem Kilt zu Boden und hat Mühe, sich wieder aufzurichten. Sie ist offensichtlich alkoholisiert. Kein Einzelfall, wie die Patientenzahl des DRKs zeigt. Das ist in jedem Jahr das gleiche.

(RP)
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