Duisburg Bertha-Krankenhaus wird heute 100 Jahre alt

Duisburg · Am 1. Februar 1914 wurde das "Bertha" eröffnet – zunächst als reines Werkskrankenhaus für die Rheinhauser Krupp-Arbeiter.

Hierher verirrt sich heutzutage kaum jemand. Gespenstisch muten die alten Bunkerräume unter dem Bertha-Krankenhaus an. Dicke Wände, Luftschutztüren, modriger Geruch, Wasserpfützen, hier und dort ein paar verstaubte Möbelstücke, ein Raum voller alter Akten. Kaum vorstellbar, was sich hier während des Zweiten Weltkrieges abgespielt hat. "Ab 1942 wurden die Patienten zur Sicherheit jede Nacht hier runter gebracht", erzählt Johannes von Thenen, der hier seit vielen Jahren als Krankenpfleger arbeitet. Wer ganz genau hinsieht, erkennt noch, wo damals die Schienen im Boden lagen, über die die Krankenbetten rein- und rausgerollt wurden. Hier unten gab es damals sogar einen voll eingerichteten Operationssaal. "Das Krankenhaus konnte sich während des Krieges mit Wasser und Elektrizität komplett autark versorgen", so von Thenen. "Wir haben sogar eine Kollegin, die hier im Bunker geboren wurde."

Solche Geschichten und Erinnerungen sind genau das, was die Mitarbeiter des Bertha-Krankenhauses interessiert. Denn genau heute vor 100 Jahren wurde das Krankenhaus, das nach Bertha Krupp von Bohlen und Halbach benannt wurde, als Krankenhaus für die Arbeiter des Krupp-Hüttenwerkes in Rheinhausen offiziell eröffnet. Anlässlich dieses Jubiläums will die Einrichtung eine Ausstellung auf die Beine stellen. "Wir bitten die Rheinhauser, uns alte Fotos zur Verfügung zu stellen", sagt Therapeut Achim Koch. Und wer Geschichten über seine Erlebnisse mit dem Krankenhaus erzählen kann, ist auch willkommen. Denn neben der Ausstellung sind für das Jubiläumsjahr auch einige Leseabende geplant.

Das Bertha-Krankenhaus wurde nach zweijähriger Bauzeit 1914 mit 120 Betten eröffnet. Zuerst wurden nur Werksangehörige der Firma Krupp aufgenommen, ab 1915 auch deren Familienangehörige, so von Thenen. 1927 hob Krupp diese Einschränkung auf: Aus dem reinen Werkskrankenhaus wurde ein Allgemeinkrankenhaus für die Rheinhauser Bevölkerung. 1938 wurde das Krankenhaus komplett modernisiert, der linke Trakt angebaut. "Bis das Johanniter in den 1960er Jahren kam, war es mit 150 Betten das einzige Krankenhaus in Rheinhausen", berichtet der Krankenpfleger.

Trotz guter Auslastung konnten die ständig steigenden Kosten des Krankenhauses nicht immer erwirtschaftet werden. Krupp beantragte einen städtischen Zuschuss, weil ja schließlich immer mehr Rheinhauser Bürger behandelt wurden. Diesen Zuschuss gewährte der Rat der Stadt Rheinhausen 1957 dann auch – was sozusagen der Startschuss für die kommunale Mitverantwortung für das "Bertha" war. In den folgenden Jahren zog sich Krupp Stück für Stück zurück, wollte die Geschäftsanteile am liebsten ganz an einen anderen Träger übergeben. Mit der Kommunalen Neuordnung 1975 übernahm die Stadt Duisburg die von der Stadt Rheinhausen erworbenen Rechte und eingegangenen Verpflichtungen.

Im selben Jahr traten auch das Krankenhausgesetz des Landes NRW und der Krankenhausbedarfsplan in Kraft. Ein wichtiges Anliegen war, den psychisch Kranken dem körperlich Kranken gleichzustellen. "Früher", so Koch, "wurden psychisch Kranke weit weggeschlossen. Von Duisburg ging es in der Regel in die Landeskliniken Viersen-Süchteln oder Bedburg-Hau." Mitte der 1970er Jahren habe es dann einen Wandel in der Denkweise gegeben. Das Stichwort lautete "gemeindenahe Psychiatrie". Man wollte dazu übergehen, die Patienten in regionalen Krankenhäusern unterzubringen. 1979 wurde bestimmt, dass am Bertha-Krankenhaus eine psychiatrische Klinik aufgebaut wird.

Am 1. Januar 1981 wurden das "Bertha" und die Städtischen Kliniken Duisburg zusammengeschlossen. Von nun an war das Rheinhauser Krankenhaus eine Betriebsstätte des Klinikums. Nach einem Umbau wurde am 12. März 1982 die fertiggestellte psychiatrische Klinik ihrer Bestimmung übergeben. In den folgenden Jahren zogen die "normalen" Stationen sukzessive nach Wedau. Eine reine Psychiatrie ist das "Bertha" seit 2004. Im Oktober 2006 zog die Kinder- und Jugendpsychiatrie aus dem Duisburger Süden nach Rheinhausen.

Heute ist das "Bertha" ein Standort des Klinikums Duisburg mit den Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie für Erwachsene sowie für Kinder und Jugendliche. 25 Betten und zehn Tagesplätze gibt es für Kinder und Jugendliche, 56 Betten und zwölf Plätze in der Tagesklinik für Erwachsene. Außerdem gibt es am "Bertha" eine Institutsambulanz. "Hierher kommen Menschen von außerhalb und werden behandelt wie bei einem niedergelassenen Arzt", sagt Dr. Hermann Pelzer, Chefarzt der Psychiatrie. "Derzeit sind hier 160 bis 180 Menschen in der Betreuung." Und auch eine Opferschutzambulanz gibt es im Haus. "Hier versorgen wir in Zusammenarbeit mit der Polizei, der Feuerwehr und dem Weißen Ring Gewaltopfer, Verkehrsopfer und Menschen, die ein psychisches Trauma erlitten haben", so Pelzer.

(RP)
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