Porträt Insolvenzverwalter Dirk Hammes Beste Lösung ist der Erhalt des Betriebes

Duisburg · Der 50-jährige Jurist wird seit Ende der 1990er Jahre von Gerichten als Insolvenzverwalter bestellt und muss Unternehmern und Arbeitgebern, denen die Gläubiger im Nacken sitzen, zur Seite stehen, um eine wirtschaftliche Krise zu lösen.

 Zu einem der spektakulärsten Fälle von Dirk Hammes gehörte sein Einsatz als Insolvenzverwalter bei einer Metallhütte, der Sudamin MHD, im Duisburger Süden.

Zu einem der spektakulärsten Fälle von Dirk Hammes gehörte sein Einsatz als Insolvenzverwalter bei einer Metallhütte, der Sudamin MHD, im Duisburger Süden.

Foto: Probst

Dirk Hammes erwartet Ehrlichkeit. Auch wenn diese vielleicht schmerzhaft sein kann, doch von ihr hängt wesentlich ab, ob er noch retten kann, was zu retten ist. Ergebnis seiner Arbeit kann sein, dass Schuldner durch die Sanierung wieder durchstarten können, ebenso aber auch, dass ein Betrieb "abgewickelt" werden muss, wenn sich keine Möglichkeit zur wirtschaftlichen Rettung bietet, zum Beispiel durch einen Insolvenzplan oder einen Verkauf an einen Investor.

So bitter das für die Mitarbeiter sein mag: Im Fokus von Hammes' Einsatz stehen die Interessen der Gläubiger, zu denen sie meist auch selbst zählen. Denn stimmen sie einer tragbaren Lösung nicht zu, dann nutzen weder gute Worte noch grundsätzlich positive Zukunftsaussichten. Ziehen sie mit, kann Hammes zum Beispiel erwirken, dass ein Unternehmen - neu aufgestellt - wieder in die Eigenständigkeit entlassen wird. Zur Arbeit des Insolvenzverwalters gehört auch, dass die Mitarbeiter, die wegen der unabwendbaren Insolvenz ihren Job verlieren, zumindest noch ausstehende Gehaltszahlungen bekommen.

Der Gründer der ausschließlich in der Insolvenzverwaltung tätigen Kanzlei Hammes hat seine Räume im Businesspark Asterlagen. Dorthin ist er vor einigen Jahren von Ruhrort umgezogen, als er zunehmend mehr Mitarbeiter benötigte. Rund 60 Fachkräfte stehen ihm inzwischen zur Seite. Dazu kommen weitere Spezialisten, die bei Bedarf eingesetzt werden. Unter ihnen sind nicht nur Anwälte, sondern auch Wirtschaftsprüfer, Betriebswirte, EDV-Spezialisten, Ingenieure oder auch ehemalige Justizangehörige. "Dadurch gewährleisten wir, für jede Verwaltungstätigkeit und die damit einhergehenden umfangreichen fachlichen Anforderungen, optimal aufgestellt zu sein", sagt Dirk Hammes. Vor rund zwei Jahrzehnten wurde Hammes erstmals als Insolvenzverwalter von einem Gericht bestellt. Wie viele Fälle er seitdem bearbeitet hat, lässt sich kaum beziffern. Er erinnert sich an viele allerdings noch sehr gut, sei es, weil die Abwicklung extrem schwierig war oder weil er zum Retter eines insolventen Unternehmens wurde. So freundlich und aufgeschlossen Hammes wirkt, "wenn ich merke, dass ich belogen werde, dann wird es für die Beteiligten ernst." Und wenn er dann bei den Beteiligten auch noch kriminelle Energie feststellt, versteht er keinen Spaß und erstattet Anzeige. Schließlich ist er dazu im Sinne der bestmöglichen Gläubigerbefriedigung nach der Insolvenzordnung verpflichtet.

Der gebürtige Mülheimer hat immer wieder erleben müssen, wie reine Unkenntnis zu einem schwerwiegenden Problem selbst für alteingesessene Unternehmen wurde. "Vielfach merkten die Inhaber gar nicht, dass ihnen das Wasser schon lange bis zum Halse stand, weil sie zum Beispiel falsch kalkuliert haben". Sie schauen nur auf die Umsätze und verlieren dabei den Überblick über die Kosten und das Marktumfeld. "Einer meiner Professoren hat das mal ganz einfach erklärt. Wenn ich massenweise 100-Mark-Scheine für 80 Mark verkaufe, werde ich einen immensen Umsatz haben. Aber der Gewinn...?"

Dem Rechtsanwalt und Betriebswirt gelang es im vergangenen Jahr mehrfach, Unternehmen und Freiberufler durch Insolvenzpläne zu sanieren und die Arbeitsplätze zu erhalten. Aber auch Härtefälle gehören zur Tagesarbeit: So etwa ein großer Hüttenbetrieb, der nicht in der Lage war, seine immensen Energiekosten zu zahlen. Weil der die Rechnungen nicht bezahlen konnte, drohte der Versorger, ihm den Strom und das Gas abzustellen. Das wäre das sofortige Ende des Betriebes, aber auch der Anfang einer Umweltkatastrophe gewesen. Mit viel Verhandlungsgeschick bekam es Hammes hin, dass der Energielieferant von dieser drastischen Maßnahme Abstand nahm und sich mit einer Zahlungsvereinbarung einverstanden erklärte.

Positive Sanierungsergebnisse freuen den Fachanwalt für Insolvenzrecht stets aufs Neue, auch wenn er sich rein gefühlsgeleitete Konzepte nicht erlaubt. Geht es aber für alle Seiten gut aus, dann kommt es tatsächlich schon mal vor, dass der Insolvenzverwalter Dankesschreiben oder eine Einladung zur Betriebsfeier erhält. Die sind dann um so wertvoller, als er weiß, dass er als Insolvenzverwalter genau so wie andere aus seiner Branche fast immer am Anfang gegen das Vorurteil anarbeiten muss, nur geringes Interesse an der Fortführung eines Betriebs zu haben. Das sei aber falsch, betont Dirk Hammes: "Wann immer möglich, steht der Erhalt im Mittelpunkt. Das ist nämlich für Gläubiger häufig die beste Lösung. Und für die Mitarbeiter sowieso."

(RP)
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