Rp-Serie Duisburger Geschichte Und Geschichten Braukultur an der Beekstraße

Duisburg · Der Brunnen der Brauerei Werth ist in einer Mulde in der Altstadt noch heute erkennbar.

 Wer annimmt, dass sich Duisburgs Bierbrau-Geschichte auf die König-Brauerei beschränkt, täuscht sich. Diese Aufnahme aus Beeck ist allerdings ein historisches Schätzchen.

Wer annimmt, dass sich Duisburgs Bierbrau-Geschichte auf die König-Brauerei beschränkt, täuscht sich. Diese Aufnahme aus Beeck ist allerdings ein historisches Schätzchen.

Foto: Archiv/König_Brauerei

An der brachliegenden Altstadtfläche zwischen Steinscher Gasse und Beekstraße tut sich was. Die Unternehmensgruppe Hoff hat das Grundstück erworben und will demnächst mit der Vermarktung starten. Das heute wild bewachsene Gelände mit viel Grün hat eine bewegte "Geschichte, die bis ins 9. Jahrhundert zurückreicht", so die Archäologin Anne Ley. Was nur wenige Duisburger wissen: Die ursprüngliche kleinteilige mittelalterliche Bebauung mit einer Vielzahl von Kellergewölben wurde in den 1880er Jahren durch Baumaßnahmen des Brauereibetriebes Otto Werth grundlegend verändert. Der Brunnen der Brauerei ist heute in der Mulde Ecke Beekstraße und Müllersgasse noch erkennbar.

Die Geschichte des Familienbetriebs ist ein Spiegel der Gründerzeit: Im Januar 1863 kam der 19-jährige Otto Werth aus Kaiserswerth nach Duisburg und fand in Schankwirtschaften auf der Beekstraße sofort Arbeit.

Der strebsame junge Mann erwirtschaftete genügend Kapital, um das Dahlmannsche Geschäft an der Beekstraße 61 zu kaufen. Der frisch gebackene Brauereibesitzer war zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. 1870 brachte es Alt-Duisburg auf 30.000 Einwohner; um die Jahrhundertwende waren es bereits 100.000. Mit der explodierenden Bevölkerungszahl im Zuge der Industrialisierung verdreifachte sich der Bierumsatz.

Die Dampfenergie brachte Fortschritt und erlaubte den Ausbau der Produktionskapazitäten. Werth braute nicht nur für den eigenen Ausschank, sondern auch für andere Biergaststätten. Bald wurde der Brauereiausschank verpachtet. Über den Kellergewölben befand sich ein großer Saal, in dem später Filme liefen und getanzt wurde. Die Stadt erhob für derartige Vergnügungen eine "Lustbarkeitssteuer". Die Wirte stellten sich auf die veränderten Konsumbedürfnisse ein. Die Kneipe war nicht nur dazu da, harte Industriearbeit zu verdrängen, sondern sozialer Treffpunkt und Ort der Freizeitgestaltung.

Kneipenkultur und Brauwirtschaft profitierten voneinander. Ende des 19. Jahrhunderts gab es in Duisburg mehr als 50 Brauereien. Bereits 1885 belegte Alt-Duisburg mit 173 Einwohnern pro Kneipe einen der vorderen Plätze; nur Ruhrort wies eine höhere Kneipendichte auf.

Der Erfolg des Werth`schen Unternehmens setzte sich fort, als die beiden Söhne ins Geschäft einstiegen. Die Erfindung der neuen Kühltechnik durch Carl von Linde erlaubte die Umstellung der Produktion: Helles untergäriges Bier löste das dunkle obergärige Bier ab. Untergärige Hefe braucht eine Temperatur von 4 bis 9°C — dank der neuen Kühlung konnten die Gebrüder Werth jetzt ganzjährig das "kühle Blonde", brauen. Das Umsatzziel von 12.000 Hektoliter wurde Anfang des 20. Jahrhunderts erreicht. Der Firmenname änderte sich in "Bürgerliches Brauhaus Gebrüder Werth".

Mit der Verlagerung an die weniger eng bebaute Werthauser Straße in Hochfeld verabschiedete sich die Familie im Jahr 1900 aus dem Marienviertel der Duisburger Altstadt. Wachsen oder weichen hieß das unternehmerische Motto. Im Jahr 1913 wurde von der Brauerei die Gaststätte Bürgerbräu im "Rheingoldhaus" an der Königstraße / Ecke Hohe Straße (heute Maredo-Steakhouse) erworben.

Das Ende des Familienbetriebes kündigte sich schleichend in den turbulenten Jahren nach dem Ersten Weltkrieg an: Französische Besatzung, Ruhrarmee, Inflation und Weltwirtschaftskrise führten zu massiven Umsatzeinbußen. Der Grundbesitz auf dem Gelände zwischen Beek- und Untermauerstraße wurde 1922 nach dem Tod der Ehefrau von Otto Werth an die Karstadt AG veräußert. Im Geschäftsjahr 1930/31 - mitten in der Weltwirtschaftskrise - wurde der Betrieb von der Bochumer Schlegelbrauerei aufgekauft. Fusionen und Übernahmen bestimmen bis heute die Duisburger Brauereigeschichte. Geändertes Konsumverhalten und das breite Medien- und Freizeitangebot, das die Wirtshausunterhaltung nach und nach abgelöst hat, haben das Kneipensterben begünstigt. Nichts ist so beständig wie der Wandel: Vielleicht findet sich demnächst ein Mieter, der auf dem Areal ein Hotel mit Gaststätte anbietet - die Werth`sche Marke "Merkatorbräu" könnte wieder aufleben.

Quelle: Archäologie und Denkmalpflege in Duisburg, Anne Ley , Zwischen Beekstraße und Steinsche Gasse

(RP)
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