Duisburg Breuckmann packt Bosbach am Schopf

Duisburg · Beim Landhaustreff mit dem CDU-Politiker Wolfgang Bosbach gab es heitere, nachdenkliche und kritische Töne - und einen Moderator, der sich davon überzeugte, dass Bosbach kein Toupet trägt.

 Nachdenklich, aber auch oft humorvoll zeigte sich Wolfgang Bosbach (links) beim Landhaustreff. Moderator Manni Breuckmann hatte jedenfalls — wie auch die Gäste im Landhaus Milser — viel zu lachen.

Nachdenklich, aber auch oft humorvoll zeigte sich Wolfgang Bosbach (links) beim Landhaustreff. Moderator Manni Breuckmann hatte jedenfalls — wie auch die Gäste im Landhaus Milser — viel zu lachen.

Foto: Christoph Reichwein

Der 29. Landhaustreff im Huckinger Hotel "Landhaus Milser" bescherte den etwa 100 Gästen am Montag den prominenten CDU-Politiker Wolfgang Bosbach. Die rheinische Frohnatur, seit 1994 durchgehend im Deutschen Bundestag, betritt nach der Vorspeise (Cannelloni Alba Chiara) die kleine Bühne, auf der Moderator und Sportreporterlegende Manni Breuckmann bereits an einem Stehtisch auf den 62 Jahre alten Fan des FC Köln wartet.

Locker schwärmt Bosbach davon, wie sehr er sich über die Entwicklung seines Vereins freue, lobt Trainer Stöger und Manager Schmadtke über den grünen Rasen als beste Neuzugänge des Vereins seit Hans Schäfer in den 60er Jahren. Im Publikum ist auch MSV-Manager Ivica Grlic, der in diesen Sekunden wohl davon träumt, dass seine Mannschaft den FC aus Köln am 28. Oktober aus dem DFB-Pokal schießt.

Während Grlic noch träumt, wird Bosbach von Moderator Breuckmann auf den harten Boden der Tatsachen zurückbefördert. Bosbach, Vorsitzender des parlamentarischen Innenausschusses, der im Juni 2010 in der Talkshow von Markus Lanz öffentlich machte, dass er an Prostatakrebs erkrankt sei, wirkt nachdenklich, als Breuckmann ihn auf seine unheilbare Erkrankung anspricht. Es wird leise unter den Zuhörern, kein Gläserklirren, kein klapperndes Besteck. "Natürlich habe ich schon mit dem lieben Gott gehadert und mich gefragt, warum mich die Krankheit so erwischt hat", so der gläubige Christ und frühere Messdiener. "Aber, ich ziehe aus meinem Glauben Kraft, um nicht zu kapitulieren."

Das Publikum applaudiert, der CDU-Mann kommt an, die Menschen mögen seine erfrischend offene Art und lassen es ihn auch wissen. "Ab und an", so Bosbach, "rufe ich Menschen einfach mal an, wenn sie mir einen kritischen Brief geschrieben haben. Das ist doch viel einfacher und persönlicher, als dann schriftlich zu antworten." So auch, als ihn der Brief eines Mannes erreicht, der von ihm wissen wollte, warum er denn dieses Toupet trage.

"Das höre ich ja des öfteren. In dem Fall wollte ich dem Mann anbieten, dass er sich mit einem Griff auf meinen Kopf davon überzeugen kann, dass alles echt ist." Der Anruf blieb allerdings erfolglos, weil die Ehefrau des Schreibers ihren Mann partout nicht ans heimische Telefon holen wollte, auch dann nicht, als Bosbach en Detail den Grund seines Anrufs schilderte. "Sie fragte mich irgendwann, warum in aller Welt ihr Gatte denn daran interessiert sein sollte, ob ich ein Toupet tragen würde und legte einfach auf." Breuckmann testet: Das Haar ist echt. Die Gäste lachen.

Der Applaus wird lauter, als Bosbach unumwunden zu Protokoll gibt, dass er die Diskussion um die Wuppertaler Scharia-Polizei im Gegensatz zu Breuckmann sehr ernst nimmt. "Sie, Herr Breuckmann, können ja sagen, dass das nur ein paar Spinner sind. Aber in der Politik ist es so einfach eben nicht. Die Lücke zwischen diesen Pannenhelfern (Anm.: bezogen auf die orangefarbenen Westen, die die Wuppertaler Scharia-Polizisten trugen) und den kampfbereiten IS-Terroristen ist nicht groß." Er wehre sich dagegen, "dass man mir weismachen möchte, die Menschen in Deutschland wären hysterisch, das sind sie nicht."

Aber sie seien in Sorge und schätzten die aktuelle Lage sehr gut ein. "Wenn sich jemand kampfbereit präsentiert, dann sind wir nach der neuen Resolution dazu verpflichtet, die Ausreise dieser Person zu verhindern. Ganz im Gegensatz zu den Hasspredigern. Diese Menschen sollten wir hier nicht dulden, da muss sich die wehrhafte Demokratie deutlich zeigen", forderte Bosbach.

"Wir sind hier wirklich sehr tolerant gegenüber allen Menschen, das ist umgekehrt ganz sicher nicht überall so. Versuchen Sie doch mal auf einem Marktplatz in Saudi-Arabien die Bibel zu verteilen. Schauen Sie sich doch die Bilder an, was man in anderen Ländern mit Menschen macht, die Dinge tun, die der IS nicht gefallen. Da kann man nur froh sein, dass diese Bilder im TV gepixelt sind, so grausam sind sie."

Breuckmann schweigt. Und wendet sich lieber dem Vorfall zu, der Bosbach damals sprachlos machte: "Ich kann deine Fresse nicht mehr sehen!" soll CDU-Parteifreund Ronald Pofalla damals im Zuge der Diskussion um den Euro-Rettungsschirm zu Bosbach gesagt haben. "Das damals war eine der größten Überraschungen meiner politischen Karriere, ich war wirklich sprachlos. Am Tag danach hat sich Pofalla aber per SMS entschuldigt, die Sache ist erledigt." Nicht erledigt ist die Meinung Bosbachs, für die er Pofallas Unmut zu spüren bekam. "Ich weiß, dass ich es nicht beweisen kann, aber 42 Jahre Erfahrung in der Politik sagen mir, dass es besser für alle wäre, wenn jedes Land im Eurobereich für seine eigenen Schulden alleine geradesteht."

(RP)
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