Duisburg Brückner liest Hemingways "Fiesta"

Duisburg · Deutschlands bekannteste Stimme war wieder in der Stadt.

Christian "de Niro" Brückner beehrte wieder einmal den Verein für Literatur, in der ausverkauften Zentralbibliothek zur Eröffnung der neuen Saison 2016/2017 unter dem Motto von Heinrich Heine "Wenn wir es recht bedenken, so stecken wir doch alle nackt in unseren Kleidern." Auf dem Programm standen Passagen aus dem Roman "Fiesta", das war vor 90 Jahren der literarische Durchbruch von Ernest Hemingway, in dem die verlorene Generation nach dem Ersten Weltkrieg das Leben als Fest mit viel Alkohol feiert. Der Originaltitel "The Sun Also Rises" stammt aus der Bibel und verweist auf den ewigen Kreislauf von Leben und Tod. Es geht um die ebenso große wie unmögliche Liebe zwischen dem amerikanischen Journalisten Jake Barnes, der durch eine Kriegsverletzung impotent ist, und der flatterhaften Engländerin Lady Brett Ashley. Höhepunkt der Handlung ist die Fiesta in Pamplona, bei der Brett von Jake vorübergehend an den Torero Pedro Romero verkuppelt wird.

Neben Christian Brückners Edelstimme beeindruckten an diesem pausenlosen zweistündigen Abend auch die in bewährter Weise eingestreuten Erläuterungen durch den in Duisburg aufgewachsenen Dr. h.c. Hanjo Kesting. Er erklärte, warum damals so viele Amerikaner in Paris lebten (der Dollarkurs war sehr günstig, so dass Geld keine Rolle spielt), ob Hemingway ein Symbolist war (fast gar nicht), worum es Hemingway im Leben ging (nicht ums Siegen, sondern ums ehrenvolle Kämpfen - und darum, dass man einen guten Job macht, ob beim Angeln oder beim Liebesakt). Vor allem beleuchtete Kesting, dass der Autor keinen Unterschied kannte zwischen "sinnlos" und "dramatisch", zwischen "banal" und "wesentlich". Ein gutes Beispiel war der scheinbar ungerührt beschriebene, kurze Erholungsaufenthalt des Helden in dem Seebad San Sebastián - nur ein Pärchen auf einem Floß erinnert ihn dort an die Tragödie seines Lebens.

Am 9. September, 20 Uhr, gibt es in der Zentralbibliothek die nächste Lesung. Sascha Zeh wurde 1974 in Duisburg geboren und lebt als Familientherapeut mit seiner Familie in Berlin, 2015 erhielt er den Literaturpreis Ruhr. Hier liest er aus seinem Roman "Gegen die Zeit" über den von der CIA gesteuerten Militärputsch in Chile 1973. Der Eintritt kostet fünf Euro, im Vorverkauf vier Euro, für Mitglieder des Vereins für Literatur frei.

(hod)
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