Duisburg Steine in Ketten und 600.000 Zigaretten

Duisburg · Das Lehmbruck-Museum beteiligt sich mit einer überaus eindrucksvollen Skulpturenschau an der großen China-8-Ausstellung.

Alle skeptischen Journalisten, die gestern den Beitrag des Lehmbruck-Museums zur großen nordrhein-westfälischen China-Verbundausstellung vorab besichtigten, wurden eines Besseren belehrt. "China 8" macht keineswegs den Eindruck einer Gefälligkeitsschau mit harmlosen oder staatstragenden Werken chinesischer Gegenwartskunst. Vielmehr verdienen die 13 Künstler, die hier das weite Feld der bildhauerischen Kunst in China repräsentieren, internationale Beachtung.

Wie berichtet, beteiligen sich neun Museen aus acht Städten in NRW an der Verbundausstellung mit insgesamt 120 chinesischen Gegenwartskünstlern und rund 500 Werken. Das Lehmbruck-Museum zeigt, entsprechend seinem Sammlungsschwerpunkt, Skulpturen, während sich das Museum Küppersmühle auf Gemälde spezialisiert. Der Aufbau der China-Ausstellung im Lehmbruck-Museum war vermutlich viel aufwendiger als die Aufbauten in den anderen Museen. Das liegt zum einen am Gewicht und der Größe der Werke, zum anderen aber auch daran, dass einige Installationen in akribischer Arbeit im Museum nachgebaut werden mussten. Und da ist vor allem die Arbeit "1st Class" von Xu Bing (Jahrgang 1955) zu nennen. Acht Tage lang hat der Künstler zusammen mit Studenten und Hilfskräften - zum Teil waren 15 Personen zugleich beschäftigt - seine 15 Meter lange und durchschnittlich fünf Meter breite Installation aufgebaut, die aus 600 000 (!) Zigaretten besteht. Die Zigaretten der Marke "1st Class" ergeben ein nach Tabak riechendes Gesamtbild, das wie ein riesiges Tigerfell aussieht. Die Streifenzeichnung entsteht durch die nach oben aufgestellten Filter der einzelnen Zigaretten. Die Arbeit hat Witz (Don't smoke it), aber auch einen ernsten, facettenreichen Hintersinn.

Fang Lijun (Jahrgang 1963) ist international bislang nur als Maler bekannt. Im Lehmbruck-Museum zeigt er erstmals in Deutschland Skulpturen. Und zwar solche, die das alte und neue China verbinden. Aus kleinen Porzellan-Teilen, deren Aussehen an die berühmten Mao-Bibeln erinnern, baut er Mini-Tempel, die an die alte chinesische Frömmigkeit gemahnen. Eindrucksvoll und ein weiterer Blickfang der Ausstellung ist die Installation von Sui Jianguo (Jahrgang 1956). Der Künstler hat große Steine mit eisernen Gittern eingehüllt. Metaphorisch spielt Sui Jianguo damit auf die im Jahr 1989 mit tödlicher Gewalt niedergeschlagene Demonstration auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking an, die er selber erlebt hat. Sui Jianguo zitiert dabei Joseph Beuys, der mal gesagt hat: "Und wenn der Mensch in Ketten gelegt ist, der Geist bleibt frei."

Wang Mai (Jahrgang 1972) gestaltet grimmig aussehende Fantasiewesen, die aus Fundstücken einer stillgelegten Rüstungsfabrik bestehen. Und Shi Jinsong (Jahrgang 1969) baut Installationen aus Überresten historischer Bauten: ein künstlerisches Recycling der besonderen Art.

Die lebensecht wirkenden Fiberglasfiguren der Künstlerin Xiang Jing (Jahrgang 1968) lassen die Betrachter frösteln.

(RP)
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