Duisburg Delfinarium als Pioniertat

Duisburg · Zoodirektor Achim Winkler über die Geschichte der Delfinhaltung in Duisburg, neue Erkenntnisse sowie den Spagat zwischen Belehrung und Unterhaltung. Fakten gegen Anfeindungen.

Als 1965 die ersten Delfine nach Duisburg kamen, waren die Menschen hin und weg. Inzwischen wurden vier der sechs im Duisburger Delfinarium lebenden Großen Tümmler im Duisburger Zoo geboren worden. Delfindame Delphi, eine Nachzucht aus der ersten Generation, ist dabei die älteste. Über die Delfinhaltung sprach Redakteur Peter Klucken mit Zoodirektor Achim Winkler.

Das Delfinarium wurde vor 44 Jahren eröffnet. Wie beurteilen Sie diesen Einschnitt in der Duisburger Zoogeschichte?

Winkler Der Zoo Duisburg war seinerzeit der erste Halter von Delfinen in Mitteleuropa. Er übernahm damals eine große Pionierrolle – bei der Haltung von Delfinen im Allgemeinen und bei manchen Arten, wie zum Beispiel beim Flussdelfin, im Speziellen. Das heutige Wissen über Delfine stammt zum großen Teil aus den unzähligen Forschungsarbeiten im Zoo Duisburg. Hier entstanden zig Doktor-, Diplom- und Staatsexamensarbeiten. Wissenschaftler aus ganz Europa und Amerika trieben auf dem Kaiserberg in Sachen Delfinen ihre Forschungen. Der Duisburger Zoo ist wegen seiner Delfinhaltung heute überregional bekannt. Besucher kommen von weit her, um Delfine im Zoo Duisburg zu sehen. Marketingexperten sprechen da wohl von einem bedeutenden Alleinstellungsmerkmal.

Sie erwähnten gerade die Forschungsarbeiten und neue Erkenntnisse über Delfine. Weiß man heute tatsächlich mehr über Delfine als vor 44 Jahren?

Winkler Im Vergleich zu früher besitzen wir heute einen riesigen Wissensschatz. Zu Beginn der Delfinhaltung wusste man so gut wie nichts über die Tiere. Demzufolge gab es anfangs nicht wenige Verluste (speziell bei Erkrankungen und bei Jungtieraufzuchten), die man heute aufgrund der dazu gewonnenen Kenntnisse vermeiden kann.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Winkler. Zum Beispiel die ungewöhnliche Tatsache, dass neugeborene Delfine über kein ausreichendes Immunsystem verfügen, das sich erst – je nach Individuum – über Wochen oder Monate entwickeln muss. Im Bereich der Veterinärdisziplin kann man sogar von einem Quantensprung sprechen. Heute gibt es viel bessre Behandlungsmethoden beziehungsweise Möglichkeiten der Krankheitsvorbeugung bei Delfinen.

Das Duisburger Delfinarium sieht heute anders aus als 1965. Was wurde verbessert?

Winkler Es gibt heute andere gesetzliche Haltungsvorgaben als früher.

Größere Becken...

Winkler Das jetzige RWE-Delfinarium ist fast dreimal so groß wie gesetzlich vorgeschrieben. Das Altdelfinarium ist als separates Aufzuchtbecken über einen Schwimmkanal mit dem Neudelfinarium verbunden. Im Zoo kann es jetzt zugehen wie im Freiland, wo sich das Weibchen vor der Geburt von der Gruppe trennt, das Jungtier abseits von dieser zur Welt bringt und möglicherweise erst Wochen später zur Gruppe zurückkehrt. Wir haben eine 24-Stunden-Beobachtung von Mutter und Jungtier u.a. mit Unterwasser- und 360-Grad-Kameras, die es früher nicht gab. Das Duisburger Delfinarium verfügt über eine pionierartige biologische Wasseraufbereitung, die zusammen mit dem Forschungslabor in Jülich eingerichtet wurde.

Was hat der Besucher vom neuen Delfinarium?

Winkler Wir können den Besuchern einen Blick ins Hauptbecken über große Glasscheiben, die es früher in dieser Form nicht gab, bieten. Und in der Tropenhalle Rio Negro beim Flussdelfin gibt es eine zwölf Meter lange gebogene Panoramascheibe, die selbst heute nur an drei Standorten weltweit hergestellt wird und früher undenkbar war.

Ulf Schönfeld, der dienstälteste Delfinpfleger in Duisburg, sagt, dass in den Vorführungen gezeigt werden soll, was Delfine natürlicherweise können. Nun aber andersherum gefragt: Sind die Vorführungen auch für die Delfine wichtig?

Winkler Vorführungen sind ein Spagat zwischen Edukation und Unterhaltung und zwischen einer Präsentation für Erwachsene und Kinder. Grundsätzlich gibt es aus vier Gründen Delfin-Vorführungen: Besucher sollen etwas über Delfine lernen, Besucher sollen die Delfine live erleben, Vorführungen sind ein Trimm-Dich für die Delfine und viertens sollen die Tiere beschäftigt werden. Letzteres ist wichtig, da Delfine, wie alle Zootiere, aufgrund der deutlich wenigeren Reize (also keine Feinde, Beutefang, andere Tiere, Pflanzen, Schiffe, Schwimmer, etc.) im Vergleich zum Freiland unter Langeweile leiden können und daher beschäftigt werden müssen.

(RP)
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